Für das Arbeiten im Stehen braucht man höhenverstellbare Tische. Für Besprechungen im Stehen tun es einfachere Lösungen.

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Der Rücken tut weh, die Beine sind vom stundenlangen Sitzen verspannt: In immer mehr modernen Büros genügt bei solchen Beschwerden ein einziger Handgriff, der aus dem regulären Schreibtisch einen Stehtisch macht. Denn das Arbeiten im Stehen hat viele Vorteile: Es entlastet den Rücken, außerdem werden die Beine besser durchblutet, und – das beweist der Selbstversuch – man steht nie still, wechselt von einem Standbein aufs andere, geht einen Schritt vor und zurück, dreht sich einmal um. Kurzum: Man bewegt sich mehr.

"Der Mensch ist nicht zum Sitzen gemacht", sagt Andreas Gnesda, Geschäftsführer des Wiener Beratungsunternehmens Team Gnesda, während er seinen Schreibtisch zu Beginn des Gesprächs mit dem Standard fast geräuschlos in die Höhe fährt. Die Nachfrage nach höhenverstellbaren Schreibtischen steige, erzählt er. Das bestätigt auch Helmut Sattler, Geschäftsführer des heimischen Büromöbelherstellers Neudoerfler: "Man erkennt heute zunehmend, dass höhenverstellbare Schreibtische ein strategischer Erfolgsfaktor für ein Unternehmen sind." Studien würden beispielsweise belegen, dass durch das abwechslungsreichere Arbeiten die Zahl der Krankenstände und Arztbesuche in einem Unternehmen reduziert werden kann und gleichzeitig die Zufriedenheit und Produktivität der Mitarbeiter steigt.

Aber es ist noch viel zu tun: Nur ein Bruchteil der heimischen Büroschreibtische sind bis dato höhenverstellbar, sagt Sattler, oftmals aus Kostengründen. Denn bei der Planung eines neuen Bürostandortes werde mitunter erst ganz zum Schluss an die Büromöbel gedacht – und dort dann an der falschen Stelle gespart. Die Kosten für einen regulären Schreibtisch für das Büro beginnen bei rund 400 Euro, die für einen höhenverstellbaren Tisch beim Doppelten. Auf 15 Jahre Lebenszeit des Tisches heruntergerechnet würden diese Mehrkosten bei lediglich 26,60 Euro pro Jahr und Mitarbeiter liegen, rechnet Sattler vor: "Das ist nichts."

Elektrisch verstellbar

Einen höhenverstellbaren Büroschreibtisch gibt es mittlerweile sogar schon bei Ikea. Büroexperte Gnesda empfiehlt, zur elektrisch verstellbaren Variante zu greifen – und nicht zu Schreibtischen, die dann erst recht wieder mittels Werkzeug oder manuellem Kurbeln adaptiert werden müssen. Die wachsende Beliebtheit der höhenverstellbaren Tische sieht Gnesda einerseits in Vorgaben zur Ergonomie am Arbeitsplatz begründet. Aber auch Trends wie das "Desk Sharing" würden dazu beitragen: Büros, die dieses Konzept umsetzen, haben keine fixen Schreibtische mehr. Der Arbeitsplatz muss also jeden Tag aufs Neue auf die Größe eines anderen Mitarbeiters eingestellt werden – ohne elektrische Verstellbarkeit ist das mühsam.

Ein "heikles Thema" ist für Gnesda aber eine – wenn auch minimale – Verletzungsgefahr, wenn mehrere höhenverstellbare Tische Kante an Kante aneinanderstehen und jemand die Finger seitlich am Tisch hat, während der Nachbar den Tisch verstellt. "Die guten Tische haben aber schon alle Mechaniken, die sofort stoppen, wenn es Widerstand gibt."

Arbeiten im Gehen

Die Möglichkeit zum Arbeiten im Stehen wird jedenfalls in den Büros nach einer Gewöhnungsphase gerne angenommen, sind sich die Experten einig. Als sinnvoll gilt, das Stehen und das Sitzen miteinander zu kombinieren und sich an das Stehen vor allem langsam heranzutasten: Es kann nämlich ganz schön anstrengend sein. Sattler plädiert außerdem für eine Begleitung der Mitarbeiter im Prozess.

In den USA ist man indes schon wieder einen Schritt weiter: Dort gibt es Geh-Schreibtische, bei denen ein Schreibtisch über einem Laufband positioniert wird und so während der Büroarbeit gegangen werden kann. Ambitionierte sollen mehr als 20 Kilometer am Tag schaffen. Auch "Cycle Desks", also Schreibtische, an denen wie am Hometrainer geradelt werden kann, gibt es dort mittlerweile. Dabei kann laufend überprüft werden, wie viele Kalorien bereits verbrannt wurden.

Dass sich diese Arbeitsformen durchsetzen werden, glaubt Gnesda nicht. Er rät aber dazu, Besprechungen auch einmal im Gehen oder Stehen abzuhalten, um in Bewegung zu kommen. Sattler empfiehlt außerdem, Kollegen und Kolleginnen im Büro nicht immer nur anzurufen – sondern stattdessen einmal ein paar Schritte zu gehen, um persönlich vorbeizuschauen. Besonders die Generation Y, die eine immer größere Gruppe der Erwerbstätigen ausmacht, würde moderne Bürokonzepte vermehrt einfordern, ist Sattler überzeugt: "Die legen mehr Wert auf bessere Lösungen." (3.7.2017)