Der Fotograf, Musiker und "Stubnblues"-Schlagzeuger Peter Angerer wohnt inmitten von Musik und Blumen- und Paradeiserfotos in einem Mietshaus in Salzburg. Er lebt, wie er meint, mit der Schönheit des Zufalls.

"Ich habe jahrelang nach einem solchen Haus gesucht. Ich wollte ein Haus zum Mieten, in dem ich Wohnen und Arbeiten vereinen kann, mitten in der Stadt, zugleich aber mitten in der Ruhe und im Grünen, und noch dazu so gelegen, dass ich darin Tag und Nacht laut sein kann, ohne irgendjemanden dabei zu stören. Sämtliche Immobilienmakler haben mir gesagt, ich spinne, sowas gibt's nicht. Und ich wollte schon fast aufgeben, doch nach zwei, drei Jahren Suche bin ich fündig geworden.

"Wohnen muss gemütlich sein. Wenn ein Raum nicht gemütlich sein kann, dann dreh ich mich auf dem Absatz um und geh wieder weg." Peter Angerer in seinem Wohn- und Arbeitszimmer.
Foto: Herman Seidl

Das Haus steht in Salzburg, und zwar in Leopoldskron, und wurde in den Sechzigerjahren errichtet. Es ist nicht besonders wunderschön und gewiss auch kein Architekturjuwel, aber das ist egal. Es ist ein Haus mit Leben! Es gibt so Räume, da geht man rein und fühlt sich auf Anhieb wohl. So war das auch hier. Vom ersten Moment an habe ich mir gedacht: Die Wände haben schon was erlebt, sie erzählen mir Geschichten, nichts Konkretes zwar, aber sie sprudeln. Und ich wollte um jeden Preis zuhören. Also habe ich den Mietvertrag unterschrieben. Der Vermieter ist ein sehr netter, älterer Herr, mit dem ich immer wieder in Kontakt bin.

Das Haus hat 265 Quadratmeter und ist ein Hybrid aus Wohnen und Arbeiten. Dieser Raum hier sieht zwar am ehesten aus wie ein klassisches Wohnzimmer, so mit Esstisch, Liegestuhl und Wohnaccessoires, aber in regelmäßigen Abständen verwandelt er sich in einen Probenraum, in dem ich allein oder mit meinen Stubnblues-Kollegen probe und musiziere. Dann werden die Möbel zur Seite geschoben, und wenig später füllt sich das Zimmer mit Menschen und Energie und ist kaum wiederzuerkennen.

Noch öfter muss das Wohnzimmer jedoch als Fotostudio herhalten. Ich bin professioneller Food-Fotograf und fotografiere für meine Kunden Käse, Paradeiser und allerlei Gekochtes und Gebackenes. Früher hab ich immer durchs halbe Salzkammergut fahren müssen auf der Suche nach ganz bestimmten Gräsern und Heublumen für meine Fotos. Das war ein Wahnsinn. Heute aber mach ich die Terrassentür auf und brock mir irgendein Gänseblümchen, das grad da ist, lege es neben dem Käse hin, und es ist einfach perfekt. Mein Leben ist wirklich bequemer und seliger geworden, seitdem ich hier wohne.

Die meisten sagen, dass man entweder visuell oder akustisch veranlagt ist. Ich bin beides. So wie auch Wohnen und Arbeiten bei mir ineinander verschwimmen. Die Arbeit ist omnipräsent – und wenn es nur in Form von großformatigen Blumen- und Lebensmittelfotografien an der Wand ist.

Für mein Leben gilt: Ich nehme die Dinge so, wie sie kommen. Mein Plan ist, keinen Plan zu haben. Ich lasse einfach geschehen. Auch für dieses Zimmer gab es keinen Plan, denn es wäre sowieso ganz anders gekommen. Mir würde ein kahler, japanischer Raum mit nix drin zwar wahnsinnig gut gefallen, ich weiß nur nicht, ob ich das aushalten würde. Ich fürchte nicht. Deswegen ist es jetzt so, wie es ist. Ich glaube zwar nicht an Schicksal, aber ich glaube an die Schönheit des Zufalls.

Wohnen ist für mich ein Rückzugsort, ein Ort ganz für mich allein, mit Teppichen, Bildern an der Wand und irgendwelchem Grünzeugs am Fensterbrett. Wohnen muss gemütlich sein. Wenn ein Raum nicht gemütlich sein kann, dreh ich mich auf dem Absatz um und geh wieder weg. Jetzt muss ich nimmer weggehen. Jetzt bin ich angekommen in einem guten, glücklichen, erfüllenden Leben und warte darauf, was die Zukunft mir noch bringen wird. Keine Ahnung. Aber ich bin schon ziemlich neugierig." (26.6.2017)