Berlin – In der Nachkriegszeit in Deutschland verurteilte homosexuelle Männer werden rehabilitiert und entschädigt: Der Deutsche Bundestag verabschiedete am Donnerstag einstimmig ein Gesetz, das die Aufhebung der strafrechtlichen Urteile vorsieht, die in der Bundesrepublik und der DDR in den Nachkriegsjahrzehnten ergangen waren. Die Verurteilten sollen eine Entschädigung erhalten, die 3.000 Euro je aufgehobene Verurteilung plus 1.500 Euro je angefangenes Jahr in Haft beträgt.

"Nach langen Jahren der Ignoranz wird einem Teil der Opfer staatlicher Verfolgung die Würde zurückgegeben", erklärte Helmut Metzner aus dem Bundesvorstand des Lesben- und Schwulenverbands (LSVD). "Es gibt aber bittere Wermutstropfen", unter anderem sei die vorgesehene Entschädigung viel zu gering.

"Später Akt der Gerechtigkeit"

Justizminister Heiko Maas (SPD) bezeichnete den Beschluss als "späten Akt der Gerechtigkeit". Mit dem Paragrafen 175 im Strafgesetzbuch habe der Staat große Schuld auf sich geladen. "Die Norm hat unvorstellbares Leid angerichtet. Sie hat zu Selbstverleugnungen und Scheinehen geführt, zu Schikanen und Erpressungen."

Die Leiterin der Antidiskriminierungsstelle des Bundes, Christine Lüders, erklärte: "Der Bundestag erkennt durch den heutigen Beschluss an, dass er an diesen oft betagten Männern etwas gutzumachen hat – und der Strafmakel endlich überwunden ist." Das Justizministerium geht davon aus, dass noch 5.000 Betroffene entschädigt werden. (APA, 22.6.2017)