"Ich bin der Meinung, Politik soll Probleme lösen und nicht erfinden", sagt Stadtrat Jürgen Czernohorszky auf Außenminister Sebastian Kurz' Forderung nach der Schließung aller islamischen Kindergärten.

Foto: Robert Newald

Sebastian Kurz bekräftige beim EPP-Gipfel am Donnerstag in Brüssel seinen Wunsch.

Foto: APA/AFP/AURORE BELOT

Wien – Die Forderung von ÖVP-Chef Sebastian Kurz, alle islamische Kindergärten zu schließen, sorgt im Wiener Rathaus für Staunen. Der zuständige Stadtrat Jürgen Czernohorszky forderte Kurz am Donnerstag auf, konkrete Anhaltspunkte zu nennen – was dieser aber schon bisher nie getan habe. "Ich bin der Meinung, Politik soll Probleme lösen und nicht erfinden", befand der SP-Politiker.

Falls es auch nur einen Fall gebe, wo der Verdacht bestehe, dass es Verstöße gebe, werde man prüfen, versicherte Czernohorszky. Sollte Kurz aber gemeint haben, dass man nur mehr säkulare Kindergärten erlauben solle, würde das sicher zu einer "interessanten Diskussion" führen. Bei dieser sollten dann aber alle konfessionellen Träger dabei sein.

Aslan hält das für "keine Lösung"

Der Religionspädagoge Ednan Aslan hält ebenso "nichts" von einer pauschalen Schließung aller islamischen Kindergärten. "Das ist keine Lösung" und "solche Äußerungen helfen uns wenig", sagt er laut "Presse". Richtig sei aber, dass man Qualitätsstandards für alle Kindergärten bräuchte. Wenn ein Kindergarten Abwertung und Isolierung im Programm anbiete, sollte dieser auch mit Konsequenzen wie einer Schließung rechnen müssen.

Aber es gebe einen legitimen Bedarf an Kindergärten mit islamischer Ausrichtung: "Wenn 15.000 Eltern eine religiöse Erziehung für ihre Kinder wollen, dann können wir das nicht ablehnen", meinte der Religionspädagoge, der in den vergangenen Monaten gemeinsam mit anderen Experten an einer Studie über Islamische Kindergärten arbeitete – und zwar auf Initiative von Kurz und der Stadt Wien. Die Ergebnisse gibt es noch nicht, die Studie soll voraussichtlich im Herbst veröffentlicht werden.

Es passiere schon sehr viel, um die Qualität auch der islamischen Kindergärten zu heben, sagt Staatssekretärin Muna Duzdar (SPÖ) und verweist ebenso auf die in Arbeit befindliche Studie. Es gebe schon laufend Kontrollen, die zu Schließungen führten – und das werde auch in Zukunft der Fall sein, "wenn es Probleme gibt". Nicht zu verstehen sei, warum Kurz den gemeinsamen Weg nicht fortsetzen wolle – und stattdessen "nur Schlagzeilen produziert. Das hat mit seriöser Politik nichts zu tun", sagte Duzdar.

Gute Gründe für muslimische Kindergärten

Kritik erntet Kurz überdies von der Islamischen Glaubensgemeinschaft (IGGiÖ). Der Integrationsminister schüre "ein bisschen die Islamfeindlichkeit", meinte IGGiÖ-Sprecherin Sevgi Kircil im Ö1-"Mittagsjournal", sie hält Kurz' Wunsch auch inhaltlich für "nicht sinnvoll" – gebe es doch gute Gründe, warum muslimische Familien ihre Kinder dorthin schicken. So sei nicht in allen Kindergärten Halal-Essen gewährleistet, und generell würden, wie Studien zeigten, muslimische Kinder in nichtkonfessionellen Einrichtungen im Bildungsverlauf benachteiligt. Wie Kurz sei sie jedoch der Meinung, dass die Qualität der Kindergärten erhöht gehört – aber nicht nur der islamischen, sondern aller, denn "es gibt ein bildungstechnisches Problem".

Kurz hingegen bekräftige seinen Wunsch vor dem Gipfel der Europäischen Volkspartei in Brüssel: "Ich bin auch Integrationsminister, daher bin ich dagegen, dass es Parallelgesellschaften gibt." Wenn Kinder in einen islamischen Kindergärten gingen, wo noch dazu nicht Deutsch gesprochen werde, sei das abzulehnen, so Kurz. Dort würden Kinder nicht nur "religiös abgeschottet, sondern auch sprachlich abgeschottet aufwachsen", denn das seien islamisch-tschetschenische, islamisch-türkische oder islamisch-arabische Kindergärten. Das sei "ein massives Problem für die Integration". (red, APA, 21.6.2017)