Moskau – Das Gespräch hatte sich Rosneft-Präsident Igor Setschin anders vorgestellt: Stolz präsentierte er im Kreml Russlands Präsident Wladimir Putin Bohrproben aus der fernen Arktis. "Wir stehen vor der Schwelle zur Erschließung einer neuen, sehr bedeutenden Lagerstätte" mit geschätzt 9,5 Milliarden Tonnen an Rohstoffreserven, skizzierte er ein neues hochfliegendes (und teures) Investitionsprojekt der Zukunft, ehe er vom Kremlchef in den rauen Alltag zurückgeholt wurde: Putin forderte von seinem langjährigen Vertrauten überraschend, auf der nächsten Hauptversammlung die Anhebung der Dividendenausschüttung auf 50 Prozent zu besprechen.

Für Rosneft bedeutet das unerwartete Mehrausgaben. Zwar wurde die Neuerung von Putin als "Vorschlag" formuliert, der ist jedoch keinesfalls unverbindlich. Der Konzern teilte anschließend mit, die Anweisung werde umgesetzt. Das ist eine kleine Revolution, denn seit Jahren versucht die russische Regierung erfolglos die Hälfte der Gewinne des mehrheitlich staatlichen Konzerns einzutreiben. Bisher hatte sich im Machtkampf gegen das Kabinett von Premier Dmitri Medwedew stets Setschin durchgesetzt, der das Gros der Gewinne in die weitere intensive Expansion investierte und dabei unter anderem die Konkurrenten TNK-BP und Baschneft aufkaufte.

Neue Ausschüttungspolitik

Nach dem Einstieg des Katar-Fonds QIA und des Schweizer Rohstoffhändlers Glencore bei Rosneft erklärte sich Setschin immerhin bereit, 35 Prozent des Gewinns an die Aktionäre auszuschütten. Für 2016 bedeutet dies etwa eine Milliarde Euro. Die neue Ausschüttungspolitik könnte schon bei der Zwischendividende für 2017 zur Anwendung kommen, vermutet Raiffeisen-Analyst Andrej Polischtschuk. Insgesamt wären seinen Schätzungen nach dann für 2017 bis zu 2,2 Milliarden Euro fällig. Alexej Surow, Senior-Analyst der Bank Zenit, sieht für den Kurs der Aktie dadurch keine Konsequenzen, da die Entscheidung erst nächstes Frühjahr falle.

Für das Investitionsklima in Russland ist die Entscheidung aber wichtig. Experten sehen in der Putin-Direktive das Bestreben, ausländischen Aktionären – neben QIA und Glencore besitzt auch BP noch ein Paket von 19,75 Prozent – Entgegenkommen zu demonstrieren. Bislang hatte der Fiskus seine Einnahmen mit Steueranhebungen stabilisiert, was den Gewinn der Ölindustrie insgesamt drückte. Der Kreml will den Eindruck vermeiden, Etatprobleme auf Kosten der Privataktionäre zu lösen (ab, 21.6.2017)