Die Anhebung des Mindestlohns für Erntehelfer in Österreich könnte die Preise für Obst und Gemüse steigen lassen.

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Wien – Der von der Regierung geplante flächendeckende Mindestlohn von 1.500 Euro stößt Gemüse- und Obstbauern sauer auf. Eine kurzfristige Umsetzung würde laut Branchenvertreter Josef Peck zu einer Kostenerhöhung von 17 Prozent führen. Peck ist Obmann der AMC Austria, der Interessenvertretung der österreichischen Erzeugerorganisationen für Obst und Gemüse. Eine Preissteigerung bei Obst und Gemüse würde aber nicht sofort eintreten, sagt Peck zum STANDARD.

Die Sozialpartner haben im Jänner von der Regierung den Auftrag erhalten, sich bis Ende Juni auf einen flächendeckenden Mindestlohn zu einigen und ein Modell für eine Arbeitszeitflexibilisierung auszuarbeiten. Bisher kam es zu keiner Einigung, die Gespräche seien aber noch "ergebnisoffen". Sollte es zu keiner Lösung kommen, will die Regierung selbst aktiv werden.

6,60 Euro pro Stunde

Rund 10.000 Beschäftigte sind in Österreich im Obst- und Gemüsebau tätig. Erntehelfer verdienen durchschnittlich 1.280 Euro brutto pro Monat, der Mindestlohn variiert je nach Bundesland: In Oberösterreich verdienen Erntehelfer mit 1.142 Euro brutto – das entspricht einem Stundenlohn von 6,60 Euro – am wenigsten, den höchsten Lohn bekommen sie in Salzburg (1.465 Euro). Erntehelfer dürfen in Österreich maximal zwölf Stunden pro Tag oder 60 Stunden pro Woche arbeiten.

Zu den Erntehelfern zählen in Österreich auch Ausländer mit Kontingentbewilligungen – diese Bewilligung können unter bestimmten Voraussetzungen auch Asylsuchende beantragen. Im vergangenen Jahr waren rund 870 Erntehelfer mit einer solchen Bewilligung in Österreich beschäftigt.

Steigende Verkaufspreise

Der oberösterreichische Gemüse- und Obstverarbeiter Efko rechnet bei einem höheren Mindestlohn mit steigenden Verkaufspreisen. "Das Endprodukt im Regal wird teurer werden", sagte Efko-Geschäftsführer Klaus Hraby im Ö1-"Morgenjournal". Die heimischen Gemüsebauern würden in "einem scharfen Wettbewerb mit deutschen Betrieben stehen", ein höherer Mindestlohn in Österreich als in Deutschland wäre "eine Wettbewerbsverzerrung". Tatsächlich wurde in Deutschland vor zwei Jahren ein eigener Mindestlohn für Erntehelfer eingeführt. Er beträgt 8,60 Euro pro Stunde und soll im November auf 9,10 Euro angehoben werden.

Statt einer sofortigen Änderung des Mindestlohns fordern heimische Obst- und Gemüsebauern eine schrittweise Anhebung über mehrere Jahre. Außerdem verlangen die Betriebe einen Wegfall der Zuschläge für Sonntags- und Nachtarbeit sowie niedrigere Sozialabgaben. Derzeit werden Überstunden laut der Produktionsgewerkschaft mit einem 50-prozentigen Zuschlag verrechnet.

Neben dem geplanten Mindestlohn bereiten den Bauern auch Ernteausfälle aufgrund von Frost und Dürre Kopfzerbrechen. Allein der Spätfrost im April hat einen Schaden in zweistelliger Millionenhöhe angerichtet, 12.000 Hektar Landfläche waren betroffen. In Oberösterreich und der Steiermark kam es diese Woche aufgrund der Hitzewelle und des geringen Niederschlags zu Flurbränden und Ernteausfällen. Um den Gesamtschaden in der Landwirtschaft abschätzen zu können, sei es jedoch noch zu früh im Jahr, sagt Peck. Im vergangenen Jahr haben heimische Apfelbauern aufgrund von Frost teilweise 70 Prozent ihrer Ernte eingebüßt. (APA, lauf, 21.6.2017)