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Der Angriff vor der Residenz des türkischen Botschafters.

Foto: AP/Voice of America

Washington/Ankara – Die US-Justiz hat Haftbefehle gegen zwölf Leibwächter des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan erlassen. Ihnen wird vorgeworfen, beim Besuch Erdoğans in Washington im Mai gewaltsam gegen Demonstranten vorgegangen zu sein, wie der Polizeichef der US-Hauptstadt, Peter Newsham, am Donnerstag mitteilte.

Die Männer hätten friedliche kurdische Demonstranten vor der Residenz des türkischen Botschafters "brutal" angegriffen. Die zwölf Leibwächter seien in Videoaufnahmen eindeutig identifiziert worden.

Zwei Festnahmen

Insgesamt wurde gegen 18 Angreifer, darunter zwei Kanadier und vier US-Staatsbürger, Anklage erhoben. Zwei Männer, Sinan Narin und Eyup Yildirim, wurden festgenommen, bestätigte die Washingtoner Polizei, Yildirim wurde bereits vom Richter einvernommen.

Washingtons Polizeichef Peter Newsham erklärte, falls die angeklagten Leibwächter versuchten, in die USA einzureisen, würden sie verhaftet.

Er begründete die Haftbefehle mit dem aggressiven Auftreten der Personenschützer. Sie hätten friedliche kurdische Demonstranten vor der Residenz des türkischen Botschafters "brutal" angegriffen. Die zwölf Bodyguards seien in Videoaufnahmen eindeutig identifiziert worden. In den USA und insbesondere im Washingtoner District of Columbia gelte das "heilige Recht", friedlich demonstrieren zu dürfen.

J. Ryan Daniel

Bei den Zusammenstößen am 16. Mai waren zwölf Menschen verletzt worden, darunter ein Polizist. Die Videoaufnahmen zeigten, dass die Leibwächter selbst auf bereits am Boden liegende Demonstranten weiter einprügelten. Die Konfrontationen mitten im Stadtzentrum von Washington hatten sich ereignet, während Erdoğan nach seinem Besuch bei US-Präsident Donald Trump im Weißen Haus in der Residenz des Botschafters eingetroffen war.

Türkei bestellt Botschafter ein

Erdoğan kündigte am Donnerstagabend in einer im Fernsehen übertragenen Rede in Ankara einen "politischen und juristischen Kampf" gegen die Haftbefehle an. Der US-Polizei legte er schwere Versäumnisse zu Last. Diese habe es zugelassen, dass sich "Terroristen" ihm auf 50 Meter hätten nähern können. Die US-Beamten hätten "nichts unternommen", weswegen seine eigenen Leibwächter aktiv geworden seien. Es sei nur darum gegangen, ihn zu schützen, fügte er hinzu.

Das türkische Außenministerium teilte mit, dem US-Botschafter sei übermittelt worden, dass die Entscheidung der US-Behörden "schlecht, unausgewogen und ohne rechtliche Grundlage" sei. Nach Darstellung der türkischen Behörden griffen bei dem Staatsbesuch Unterstützer der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) Erdoğan-Anhänger an.

US-Außenminister Rex Tillerson erklärte, die Haftbefehle seien eine "klare Botschaft". Washington dulde keine "Einschüchterung und Gewaltanwendung zur Erstickung der Meinungsfreiheit". Das Außenministerium werde weiterhin mit der Polizei und den zuständigen Behörden zusammenarbeiten.

Beziehungen belastet

Der Vorfall in Washington belastet die Beziehung der beiden NATO-Partner USA und Türkei weiter. Angespannt ist das Verhältnis der beiden Länder auch wegen US-Waffenlieferungen an kurdische Kämpfer in Nordsyrien. Trump hatte die Waffenlieferungen an die kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG) Anfang Mai genehmigt und damit Ankara gegen sich aufgebracht.

Washington schätzt die YPG als schlagkräftigen Verbündeten im Kampf gegen die Jihadistenmiliz Islamischer Staat (IS). Die Türkei betrachtet die YPG wegen ihrer Verbindungen zur PKK als "Terrororganisation". (red, APA, AFP, 15.6.2017)