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Ein Polizeibeamter bei der Aris-13, dem Tanker, der von Piraten im März vor Somalia entführt worden war.

Foto: REUTERS/Abdiqani Hassan

Wien – Nach nur vier Tagen waren die Männer aus Sri Lanka wieder frei. Somalische Piraten hatten sie Mitte März inklusive ihres Öltankers vor der Küste gekapert und damit die erste Entführung vor Somalia seit fünf Jahren durchgeführt. In den vergangenen sechs Monaten waren es sechs Angriffe, die erfolgreich waren.

Den erneuten Anstieg von Piraterie vor der somalischen Küste führt Alan Cole, Leiter des UN-Programms zur Bekämpfung maritimer Kriminalität, auf lasche Sicherheitsvorkehrungen der Kapitäne zurück. "Teilweise halten sich die Schiffe nicht an die Empfehlungen und fahren untertags zu langsam und zu nahe an der Küste vorbei", sagt Cole während eines Pressebriefings in Wien. Außerdem habe er Informationen, dass im vergangenen Jahr ein Treffen von Financiers in Somalia stattgefunden hat. Dabei soll es darum gegangen sein, Piraterie als Geschäftsfeld neu zu etablieren.

Fehlende Unterstützung

Dass die entführten Crewmitglieder offenbar nicht mehr so lange in Gefangenschaft gehalten werden, sieht Cole als gutes Zeichen. So befinden sich nur noch acht Iraner in der Gewalt von Piraten – und das seit zweieinhalb Jahren. Zu Spitzenzeiten hielten die Kriminellen rund 750 Menschen fest. Für Cole hat das auch mit der fehlenden Unterstützung der Küstenbevölkerung zu tun. "Die Menschen weigern sich, die Geiseln aufzunehmen und durchzufüttern", erzählt der ehemalige britische Soldat. Die Angst vor den Behörden sei zu groß. Gleichzeitig würden die Lösegeldzahlungen geringer ausfallen – der Anteil für die Bevölkerung somit kleiner werden: "Es rechnet sich schlichtweg nicht mehr", sagt Cole.

Was dagegen zur Rückkehr der Angriffe auf Schiffe auf der wichtigen Handelsroute im Golf von Aden geführt hat, war der Rückzug der Nato vom Anti-Piraterie-Einsatz in der Region Ende 2016. Zwar verlängerte die Europäische Union ihre Atalanta-Mission gegen Piraten vor Somalia bis Ende 2018, doch das ging an den kriminellen Gruppierungen offenbar vorbei: "Die Botschaft, die hängen blieb, war, dass die großen grauen Kriegsschiffe vor der Küste verschwinden", sagt Cole. Doch die US-geführte Koalition, sowie russische und chinesische Kriegsschiffe bleiben vor Somalia stationiert. Auch die Europäer verlassen die Gegend nicht. "Wiewohl der Druck auf die EU-Mitgliedsstaaten wächst, ihre Kriegsschiffe in das Mittelmeer zu verlegen, um Schlepper zu bekämpfen", sagt der Leiter des UN-Programms.

Kampf an Land

Doch nicht nur auf hoher See führen die Truppen unter UN-Mandat ihren Kampf gegen Piraterie, sondern auch in den betroffenen Ländern. So wurde in den vergangenen Jahren eine effektive Strafverfolgung in den umliegenden Staaten wie auf den Seychellen aufgebaut.

Die Initiative war allerdings so erfolgreich, dass in dem 85.000-Einwohner-Staat der Seychellen ein Drittel der Gefängnispopulation aus somalischen Piraten bestand. Daraufhin halfen die Vereinten Nationen, drei Haftanstalten in Somalia aufzubauen. Laut Cole werden regelmäßig die Haftbedingungen kontrolliert und ob die Verurteilten nicht durch Bestechungsgelder frühzeitig entlassen werden.

Die Hoffnung der Vereinten Nationen liegt im Moment darauf, dass Somalia, mit dem Training durch die internationalen Truppen, bald seine Küste selbst patrouillieren kann. Einsätze bei Geiselnahmen, wie sie von teilnehmenden Staaten absolviert werden, könnte Somalia "aber in 40 Jahren nicht durchführen", sagt Cole: "Da war man zu Beginn der Mission sicher zu naiv." (Bianca Blei, 16.6.2017)