Alle von Donald Trumps zentralen Wahlversprechen werden umgesetzt – bis auf eines: Obamas Öffnung gegenüber Kuba "to roll back", also zurücknehmen. Miamis Exilkubaner, angeführt von Senator Marco Rubio und den Mitgliedern des Diaz-Balart-Clans (ironischerweise seinerzeit mit Fidel Castro verschwägert), zeigen bereits Nervosität, denn täglich verdichtet sich der Einfall von US-Kapital, US-Management und US-Touristik nach Havanna. Im Hotelsektor triumphiert die Fünf-Sterne-Plus-Marke. Das vor kurzem eröffnete Gran Hotel Manzana, betrieben von Kempinski, aber finanziert von US-Starwood Hotels & Resorts (bei kubanischen Militärs als Eigentümer), beginnt preislich bei 360 Dollar pro Nacht und steigert sich bei Luxussuiten ins Astronomische. Kreuzfahrtschiffe aus Miami legen dicht vor Havanna an.

Warum zögert Präsident Trump? – Wohl, weil bei einer Rückkehr zu schärferer Gangart gegenüber Kuba kein lohnender "deal" winkt. Während die Zuckerinsel mit dem Wirtschaftsembargo zu leben gelernt hat, würden bei einer Korrektur der Obama-Öffnung alle Kosten auf die USA fallen, deren Agrarfirmen Kuba ernähren, Tourismuskonzerne zu Höhenflügen ansetzen und Kulturmanagement dank kubanischer Kreativität neues Profil gewinnt.

Vielleicht können gescheite Kubanologen Trump beibringen, dass die derzeitige, von Obama initiierte Öffnung Kuba einer Zerreißprobe unterzieht, dass also Dinge ihren Lauf zu lassen die lohnendste Rendite einbringen würde.

Gewinne für Militärs

Raúl Castro – er will 2018 abtreten – muss um die gesellschaftlichen Folgen des Eindringens des US-Luxuskapitalismus wissen, zumal dessen lokale Partner, Kubas Militärclans, über Gaviota und weitere Beteiligungsfirmen den lukrativen Gewinn abschöpfend, die ehemalige revolutionäre Substanz zersetzen.

Auch wird für diejenigen, die vom Devisenboom ausgeschlossen bleiben (etwa die Hälfte der elf Millionen Kubaner), der Alltag immer beschwerlicher.

Inzwischen überfluten vier Millionen Devisen-Touristen die Zuckerinsel, die fröhlich essen und trinken wollen. Rum gibt es genug. Aber auf dem Teller gibt es Engpässe. Es fressen die Touristen den Alltagskubanern regelrecht die Zutaten weg. Denn Kubas Kleinbauern verkaufen inzwischen, halb illegal, ihre hochwertigen Produkte gewinnbringend direkt den die Touristen bedienenden Familienrestaurants ("paladares"), während den staatlichen Agrarmärkten mit ihren offiziellen Billigpreisen nur schäbige Karotten, Bohnen, Knoblauch oder Reis bleiben.

Angesichts dieser täglich wachsenden Widersprüche würde Trumps Zertrümmerung von Obamas Öffnung Raúl Castro eventuell die Rettungsleine für das Wiederanziehen der revolutionären Disziplin zuwerfen. Es könnte das eine List der Geschichte sein. (Gerhard Drekonja-Kornat, 16.6.2017)