Wien – Weniger die Jobs für unqualifizierte Arbeiter gehen in der OECD verloren als Arbeit für Menschen mit mittlerer Qualifikation. Zu diesem Ergebnis kommt der aktuelle OECD-Beschäftigungsausblick. Österreich ist von dieser Entwicklung besonders stark betroffen. In 20 Jahren ging der Anteil der Jobs mit mittlerer Qualifikation an der gesamten Beschäftigung um rund 17 Prozentpunkte zurück.

Im Gegenzug stieg der Anteil von Jobs, die von Menschen mit einer nur geringen Qualifikation besetzt werden, um etwa 3 Prozentpunkte, Jobs mit hoher Qualifikation legten um 14 Prozentpunkte zu. Auch wenn die Entwicklung in Österreich besonders stark ist, zeigt sich der Trend in fast allen OECD-Staaten. Nur in Slowenien, Ungarn und Tschechien ist auch der Anteil der Geringqualifizierten geschrumpft. "Im OECD-Raum fiel der Anteil der Arbeitsplätze für Arbeitskräfte mit einem mittleren Qualifikationsniveau zwischen 1995 und 2015 um 7,6 Prozentpunkte, während die Anteile an Arbeitsplätzen für hoch- und geringqualifizierte Arbeitskräfte um 5,3 bzw. 2,3 Prozentpunkte stiegen", heißt es in dem am Dienstag veröffentlichten OECD-Beschäftigungsausblick.

Parallel dazu kam es zu einer "Polarisierung" bei den Einkommen. Die reichsten 10 Prozent der Bevölkerung im OECD-Raum verdienen nun mehr als das Neunfache der ärmsten zehn Prozent. Vor 25 Jahren war das Einkommen der reichsten 10 Prozent nur sieben Mal so hoch. Rund ein Drittel der Polarisierung entsteht dadurch, dass Beschäftigung vom verarbeitenden Gewerbe zu Dienstleistungen wandert. Fabrikarbeiter, die ihre Stelle verloren haben, müssen oft eine schlechter bezahlte Stelle im Dienstleistungssektor annehmen. Die anderen zwei Drittel jedoch spiegeln die zunehmende Polarisierung innerhalb der Branchen wider.

Internationaler Handel

Auswirkung auf diese Entwicklung haben sowohl der vertiefte internationale Handel als auch der technologische Wandel, die beiden Entwicklungen seien oft nur schwer zu trennen. Aber "Einiges deutet darauf hin, dass der technologische Wandel sicherlich eine entscheidende Rolle bei der Polarisierung des Arbeitsmarkts gespielt hat", während die Auswirkungen des vertieften Welthandels "nur schwer nachzuweisen und vermutlich eher gering sind", schreibt die OECD.

Wobei die OECD durchaus selbstkritisch ist: "Infrage gestellt werden dadurch die Politikempfehlungen seitens internationaler Organisationen wie der OECD, die lange Zeit auf die wirtschaftlichen Vorteile einer globalen Integration verwies, jedoch erst seit Kurzem einen inklusiven Wachstumsansatz verfolgt." Man müsse prüfen, ob arbeitsmarktpolitische Entscheidungen – auch solche, die Empfehlungen der OECD entsprechen – "unbeabsichtigt" dazu geführt hätten, dass "ein unverhältnismäßiger Anteil der Gewinne aus dem Wirtschaftswachstum den bereits einkommensstarken Bevölkerungsgruppen zufließt".

Die Wahrnehmung der Menschen, dass internationale Wirtschaftsverflechtung zulasten vieler Arbeitskräfte gehe, während die Vorteile großteils Konzernen und der Elite zugute kämen, sei sehr ernst zu nehmen: "Der Eindruck, das internationale Wirtschaftssystem sei 'manipuliert', stellt eindeutig die demokratische Legitimation aktueller politischer Maßnahmen infrage", schreibt die OECD.

Ein Teil der Entwicklung könne damit zusammenhängen, dass Menschen nun nach der Matura ein Studium machen, um dann letztlich einen Job zu ergattern, für den früher die Matura reichte. Aber andererseits seien die früher von Maturanten besetzten Arbeitsplätze heute meist viel anspruchsvoller. Was früher eine Sekretärin war, die diktierte Texte schreiben sollte, verlangt heute in der Regel umfassende IT-Kenntnisse und oft das selbstständige Entwerfen von Texten. Auch wenn der Job formal gleich heiße, verlange er eine deutlich höhere Qualifikation, meint die OECD. Andererseits brauchen viele neue Jobs keine Qualifikation – diese sind dann aber schlecht bezahlt. (APA, 13.6.2017)