Selten hat jemand eine fulminantere Premiere hingelegt. Die Tinte der Unterschrift auf der Ernennungsurkunde war kaum getrocknet, da machte Emmanuel Macron als Frankreichs Präsident schon gute Figur bei Nato und G7, schaute Donald Trump tief in die Augen, hielt dessen Händedruck stand und quetschte kräftig auch die Hand von Russlands starkem Mann Wladimir Putin.

Solche Auftritte begeistern, und schnell will man solche Politiker auch im eigenen Land an der Macht sehen. Kennedy-Vergleiche waren einmal, wir haben jetzt Macron! Plötzlich gilt der irische Premier Leo Varadkar als "Macron von Dublin". Und auch Martin Schulz, der Herausforderer der deutschen Kanzlerin Angela Merkel, suchte schon die Nähe des Sonnyboys, um ein wenig von dessen Glanz abzubekommen. Doch das rächte sich: Schulz solle nicht Macron bejubeln, der habe nämlich die Schwesterpartei, die französischen Sozialisten, im Stich gelassen und ruiniert, als er seine eigene Bewegung gründete. Und auch hierzulande wird auf sozialen Plattformen und an Stammtischen leidenschaftlich darüber debattiert, welcher der Kandidaten denn der "Austro-Macron" sein könnte: Christian Kern oder doch Sebastian Kurz?

Doch solche Etikettierungen sind bestenfalls oberflächlich. Ein jugendliches Alter, ein charmantes Lächeln, ein selbstbewusstes Auftreten und eine tadellose Erscheinung im eleganten Maßanzug allein machen noch keinen guten Politiker aus. Allenfalls zaubert man damit ein Image herbei, mit dem man Wahlen gewinnt und das danach – mit viel Glück – ein paar Monate hält.

Macron weiß das selbst am allerbesten. Er ist sicher klug genug zu wissen, dass ihn seine Landsleute am nächsten Sonntag wohl nicht vorrangig aus Schwärmerei mit einer absoluten Parlamentsmehrheit ausstatten werden; nicht einmal aus Sympathie werden sie es tun. Nein: Macron muss aufräumen, Macron muss liefern, Macron muss reformieren. Nur dafür bekommt er so große Machtbefugnisse in die Hand. Sollte das alles nicht klappen – was im als weithin unreformierbar geltenden Frankreich ziemlich wahrscheinlich ist -, so wird man Macron fallenlassen. So wie man sich von François Hollande abwandte und davor von Nicolas Sarkozy. Sie alle galten als Hoffnungsträger eines neuen Frankreich. So gesehen, ist es vielleicht gar nicht so erstrebenswert, Macron zu sein – denn die Erwartung der Franzosen ist groß. Möglicherweise zu groß. (Gianluca Wallisch, 12.6.2017)