Paris – Mit einem Tag Vorsprung haben Wähler in mehreren französischen Überseegebieten ihre Stimme für die Parlamentswahl abgegeben. Fünf Wochen nach der Präsidentenwahl entscheidet die Abstimmung darüber, ob der neue Staatschef Emmanuel Macron eine Mehrheit für sein Reformprogramm bekommt.

Auf der zu Frankreich gehörenden Inselgruppe Saint-Pierre und Miquelon vor der kanadischen Ostküste öffneten die Wahllokale bereits am Samstagmittag mitteleuropäischer Zeit. Auch die Bewohner von Französisch-Guyana und auf der französischen Karibikinseln waren wegen der Zeitverschiebung bereits einen Tag früher zur Wahl aufgerufen. Der Großteil der Franzosen wählt dann am Sonntag.

Macrons Partei in Führung

Meinungsforscher hatten Macrons Partei La Republique en Marche zuletzt klar vorn gesehen. In 577 Wahlkreisen wird jeweils ein Abgeordneter gewählt, insgesamt sind mehr als 47 Millionen Franzosen stimmberechtigt. In Umfragen lag Macrons Partei mit ihren Verbündeten zuletzt bei um die 30 Prozent.

Wegen des Mehrheitswahlrechts könnte das Macron-Lager damit nach Berechnungen des Instituts Ipsos sogar die Marke von 400 der 577 Abgeordnetenmandate knacken. "Welle oder Tsunami?", fragte die linksliberale Tageszeitung "Liberation" auf der Titelseite ihrer Samstagsausgabe. Allerdings sind Aussagen zur möglichen Sitzverteilung wegen des speziellen Wahlsystems schwierig. In den meisten Wahlkreisen dürfte die Entscheidung erst in einer Stichwahl in einer Woche fallen.

Schlechte Umfragewerte für Sozialisten und Konservative

Den Sozialisten des vorherigen Präsidenten Francois Hollande droht bei der Wahl ein dramatischer Absturz. Und auch die Konservativen als zweite traditionelle Regierungspartei sind nach Umfragen in Bedrängnis. Macron hatte mit seiner erfolgreichen Präsidentschaftskandidatur in der politischen Mitte die französische Parteienlandschaft durcheinandergewirbelt.

Mit einer absoluten Mehrheit in der Nationalversammlung hätte er großen Spielraum für seine Gesetzespläne, die Frankreichs Wirtschaft neuen Schwung verschaffen sollen. Zentrales Vorhaben ist eine umstrittene Lockerung des Arbeitsrechts. Der Senat als zweite Parlamentskammer wird zwar von der bürgerlichen Rechten dominiert – dort gibt es aber durchaus Sympathien für Macrons Reformpläne, außerdem sitzt die Nationalversammlung im Gesetzgebungsverfahren letztlich am längeren Hebel.

Als Erste hatten bereits die im Ausland lebenden Franzosen ihre Stimme abgeben, in den elf Auslandswahlkreisen wurde schon am vergangenen Wochenende gewählt. Dabei hatten Macrons Kandidaten die Nase deutlich vorn. (APA, dpa, 10.6.2017)