Ulrike Lunacek sei "eine große Europäerin", erklärte Wiens Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou.

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Maria Vassilakou: "Der Oktober wird eine Richtungsentscheidung."

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Eva Schuh kandidierte gegen Ulrike Lunacek als Spitzenkandidatin. Sie unterlag deutlich.

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Klubobmann Albert Steinhauser kandidiert auf Platz zwei.

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Sigrid Maurer steht auf Platz drei der grünen Liste in Wien.

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Eva Dziedzic schaffte es in die Stichwahl gegen Sigrid Maurer, verlor aber.

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Nationalratsabgeordnete Alev Korun hat derzeit einen Sitz über die Wiener Grünen im Parlament. Sie kandidierte für Platz drei und vier – unterlag jedoch.

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Der Gewerkschafter Markus Koza steht auf Listenplatz vier der Wiener Grünen.

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Wien – Der Saal des Wiener Austria Centers ist in grünes und pinkes Licht getunkt. "Ich habe heute mehr die Rolle der Mistress of Ceremonies", eröffnete Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou ihre Rede auf der 77. Landesversammlung der Wiener Grünen. Am Samstag erstellten die Hauptstadtgrünen ihre Liste für die Nationalratswahl. Aktuell kommen fünf der insgesamt 24 grünen Mandatare im Parlament von dieser Wiener Liste.

"Der Oktober wird eine Richtungsentscheidung", erklärte Vassilakou vor der grünen Basis: "Schützen wir unseren Planeten oder zerstören wir die Umwelt, bestimmen Fakten oder Fake-News, gewinnen autoritäre Tendenzen oder die liberale Demokratie, wer oder was soll über die Zukunft unserer Kinder und Enkel entscheiden?"

SPÖ, ÖVP und FPÖ seien drei Parteien, "die nicht mehr auseinanderzuhalten sind". Ihnen sei "egal, wie regiert wird: Hauptsache sie regieren". Es sei an der Zeit, dass "die Hetzer auch bei uns verschwinden", so Vassilakou. Dazu brauche es "Mut, Optimismus, Zusammenhalt und Menschlichkeit". Außenminister und designierter ÖVP-Chef Sebastian Kurz sei ein "kalter Opportunist", die SPÖ unter Bundeskanzler Christian Kern werde "sich nicht davor scheuen, Heinz-Christian Strache zum Vizekanzler zu machen", sagte Vassilakou.

"Zündler und Angstmacher"

"Vieles was innen- und außenpolitisch in den vergangenen Wochen und Monaten passiert ist, war lange unvorstellbar: Brexit, Trump, oder dass im Burgenland die SPÖ mit der FPÖ koaliert. Dass ein sozialdemokratischer Bundeskanzler über eine Koalition mit der FPÖ laut nachdenkt, war bis vor Kurzem ebenfalls unvorstellbar", stimmte auch Ulrike Lunacek ihre Wahlkampfrede an.

Viele hätten Lunacek, die derzeit Delegationsleiterin der österreichischen Grünen im Europaparlament und eine der 14 Vizepräsidenten des Europäischen Parlaments ist, gefragt, weshalb sie "noch einmal ins kalte Wasser" springe. "Als Bürgerin dieses Landes und überzeugte Europäerin kann und will ich nicht zusehen, wie sich die SPÖ mit der FPÖ ins Bett legt." Lunacek wolle die FPÖ in der Regierung verhindern: "Wer zündelt muss damit rechnen, einen Flächenbrand auszulösen. Ich sage klar und deutlich: Mit mir sicher nicht. Ich will verhindern, dass die Angstmacher, die Zündler in der nächsten Regierung sitzen." Mit ihr als Spitzenkandidatin gebe es keine Koalition mit den Freiheitlichen und "kein blaues Programm egal von wem".

"Noch viel zu tun"

Die Grünen hätten gemeinsam viel geschafft, aber auch noch viel vor, sagte Lunacek: "Dass lesbische und schwule Paare in Österreich heiraten können – Herr Kurz, es ist 2017, schneiden sie die alten Zöpfe der ÖVP endlich ab. Dass Frauen für gleiche Arbeit den gleichen Lohn bekommen und dass dem Klimawandel endlich handfeste Maßnahmen entgegengesetzt werden."

Lunacek sei "eine große Europäerin", erklärte Vassilakou: "Ich sehe sie ganz oben. Als Ministerin, Vizekanzlerin, oder warum so bescheiden tun, warum nicht gleich Bundeskanzlerin? Präsidentin ist sie ja schon."

Lunacek auf Platz eins

Doch vorerst musste parteiintern abgestimmt werden. Lunacek hatte eine Gegenkandidatin um Listenplatz eins – Herausforderin Elfie Schuh, Gastwirtin und Vorstandsmitglied der Grünen Frauen, war aber kein Stolperstein: Lunacek, die auch auf der grünen Bundesliste als Erstgereihte kandidieren will, wurde mit 87,94 Prozent auf den ersten Wiener Listenplatz gewählt.

Auf Platz zwei wird der grüne Klubobmann Albert Steinhauser kandidieren – er hatte zwei Gegenkandidaten und wurde mit 90,4 Prozent gewählt. "Ich werde mein Bestes geben", sagte Steinhauser, als er die Wahl annahm.

Um den dritten Platz ritterten drei Frauen mit Chancen auf das Mandat: Die Wiener LGBTI-Sprecherin Ewa Dziedzic, die es satt habe, "auf der politischen Ersatzbank" zu sitzen, sowie Menschenrechtssprecherin Alev Korun und Wissenschaftssprecherin Sigrid Maurer.

Alle drei erreichten in der ersten Runde rund ein Drittel der Stimmen und zogen in den zweiten Wahlgang ein, in dem sich Korun, die aktuell ein Mandat im Nationalrat über die Wiener Liste hält, geschlagen geben musste. Maurer, die über die Bundesliste im Parlament sitzt, konnte Dziedzic in der dritten Runde mit 56 zu 44 Prozent bezwingen. "Ich nehme diese Wahl an, ich habe mir das natürlich gewünscht, aber niemals damit gerechnet", sagte Maurer.

Dziedzic und Korun kandidierten weiter um Listenplatz vier, ebenso wie Kultursprecher Wolfgang Zinggl, der derzeit im Nationalrat ein Wiener Mandat innehat und Auge/UG-Bundessekretär Markus Koza. Insgesamt gab es neun Kandidaten und Kandidatinnen für diesen Platz. Die vier genannten schafften es in den zweiten Wahlgang. In der Stichwahl musste sich Zinggl mit 39,3 Prozent gegenüber Koza mit 60,7 Prozent geschlagen geben.

Korun und Zinggl unter Erwartung

Die aktuellen Nationalräte aus Wien, Korun und Zinggl, mussten somit weiter um einen Platz auf der Wiener Liste zittern. Bei der Abstimmung der Plätze fünf bis acht wurde schließlich im Block unter 14 Kandidaten abgestimmt – Korun konnte sich bei diesem Votum durchsetzen und wird an fünfter Stelle kandidieren. Dahinter folgen der Rechtsanwalt Georg Bürstmayr auf Rang sechs, Dziedzic auf Rang sieben und Zinggl auf Rang acht.

Auch die Listenplätze acht bis zwölf wurden im Block gewählt, diese eher wenig aussichtsreichen Ränge besetzen Ursula Berner, Barbara Neuroth, Wolfgang Orgler und Elfie Schuh. Der langjährige Wiener Abgeordnete Karl Öllinger trat übrigens nicht mehr an und wird den Nationalrat nach der auslaufenden Legislaturperiode verlassen.

Feuer und Herz

Vassilakou bedankte sich bei ihrer Partei zudem für die "Unterstützung als auch für die Kritik, Direktheit und für euer Feuer und Herz", sagte Vassilakou, die in den vergangenen Monaten heftigen Gegenwind von der grünen Basis zu spüren bekam. Vassilakou brachte das Bauprojekt am Wiener Heumarkt inklusive 66-Meter-Luxuswohnturm trotz einer Mehrheit bei einer Urabstimmung der Wiener Grünen in den Gemeinderat.

Sichtlich gerührt richtete sich Wiens Vizebürgermeisterin auch an die ehemalige Bundessprecherin Eva Glawischnig: "Es waren erfolgreiche Jahre." Ohne Glawischnig hätte Österreich nicht den ersten grünen Bundespräsidenten in Europa. "Mein Applaus heute gilt dir, und ich weiß, ich bin damit nicht alleine", sagte Vassilakou und erhielt dafür Standing Ovations. (Oona Kroisleitner, 10.6.2017)