Bis 31. Dezember 2018 können sich Österreichs Städte und Regionen als Europäische Kulturhauptstadt bewerben. Bregenz mit Umgebung (links) ist einer der ersten Kandidaten.

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Baden bei Wien bewirbt sich ebenso.

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Wien – Der Startschuss für die Suche nach der Europäischen Kulturhauptstadt 2024 erfolgte mit einem Fake-Zitat – wenn auch mit einem charmanten. Dem EU-Vordenker Jean Monnet wird fälschlich jener Satz zugeschrieben, der viele Problemchen der europäischen Einigung auf den Punkt bringt: "Wir haben mit Kohle und Stahl begonnen. Müsste ich Europa noch einmal einigen, würde ich bei der Kultur beginnen."

Tatsächlich soll ihm der Satz vom französischen Kulturminister Jack Lang in den Mund gelegt worden sein. Dessen griechischer Amtskollegin Melina Mercouri ist die Initiative der Europäischen Kulturhauptstadt zu verdanken. 1985 mit Athen gestartet, will man damit die kontinentale Vielfalt sichtbar machen, gemeinsame Identität stärken und dabei infrastrukturelle Impulse setzen.

Vom Abfeiern der Hauptstädte rückte die EU ab den 2000er-Jahren bewusst ab, kleinere Städte und Regionen sollten im wahrsten Sinne entdeckt werden. Mit den EU-Erweiterungen erhöhte man zudem die Anzahl der Städte auf zwei bis drei jährlich.

Aktuell tragen die Wikingerstadt Århus in Dänemark und die westzypriotische Hafenstadt Paphos den Titel. Österreich war 2003 mit Graz und 2009 mit Linz vertreten. 2024 stellt man nun gemeinsam mit Estland und mit einem noch zu ermittelnden EU-Beitrittskandidaten erneut eine Kulturhauptstadt. Bei der Kick-off-Veranstaltung zum Bewerbungsprozess im Haus der Europäischen Union in Wien wurden nun erste Ideen skizziert.

Vergangenheit und Zukunft

Ars-Electronica-Pionier Gerfried Stocker referierte zum Thema 20 Jahre digitale Revolution und den Herausforderungen in einer Weltgesellschaft, in der pro Sekunde 8,5 Menschen zusätzlich Zugang zum Internet bekommen. Theoretisch gesehen müssten im Jahr 2024 alle Menschen der Erde online vernetzt sein, so Stocker. In einer Zeit, in der Algorithmen Drehbücher schreiben oder vollautomatisch Musik komponieren, müsse man Kultur und Technik neu zusammendenken.

Als Musterbewerbung wurde die westrumänische Stadt Timi?oara vorgestellt, die 2021 an der Reihe ist und schon mitten in den Vorbereitungen steckt. Als erste kontinentaleuropäische Stadt mit öffentlicher elektrischer Straßenbeleuchtung (1884) nahm man ein Detail der Vergangenheit auf und projizierte es als Metapher für die Aufklärung ("Enlightenment") und eine notwendige Erneuerung zivilgesellschaftlicher Energien visionär in die Zukunft.

"Es gibt keine magische Formel für die europäische Dimension", erklärte EU-Kommissionsvertreter Sylvain Pasqua die Erwartungshaltung. Ein guter Weg für Bewerber sei aber, in die eigene Vergangenheit zu schauen und diese mit Blick auf die heutige europäische Realität zu deuten.

Die Ausschreibung für 2024 erfolgt ab sofort durch das Bundeskanzleramt. Bis 31. Dezember 2018 können sich Städte und Regionen bewerben. Die Entscheidung wird im Dezember 2019 von einer EU-Jury gefällt. 1,5 Millionen Euro Sonderförderung fließen dann in die Siegerkommune. Erste Bewerbungen wurden schon jetzt abgegeben: die Region Rheintal mit Bregenz, Dornbirn, Feldkirch und Hohenems, Bad Ischl mit dem Salzkammergut, Judenburg und Murau aus der Region Obersteiermark sowie die Städte Wels, Baden und St. Pölten. (Stefan Weiss, 9.6.2017)