Rund 22 Millionen Euro hat die AMA Marketing jährlich zur Verfügung, um den Absatz landwirtschaftlicher Produkte aus Österreich zu fördern.

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Wien – Sie soll den Absatz landwirtschaftlicher Produkte in Österreich pflegen wie fördern, dafür neue Märkte erschließen und die Qualität der Lebensmittel verbessern. Mehr als 22 Millionen Euro stehen der AMA Marketing dafür jährlich im Schnitt zur Verfügung. Den Großteil ihres Budgets stemmen die Beiträge der Bauern. Die Strukturen der Agrarmarkt Austria werden derzeit aber einer harten Nagelprobe unterzogen.

Alle Oppositionsparteien haben jüngst in seltener Einigkeit einen Initiativantrag eingebracht. Noch im Juni wird im Landwirtschaftsausschuss des Parlaments über ihn abgestimmt. Geht es nach dem Willen der Grünen, der FPÖ, der Neos und des Teams Stronach, sollen in ihrem Verwaltungsrat – ihrem entscheidenden Gremium – Vertreter aller Parteien sitzen. Diese begehren Kontrolle und Einblick ins Geschäftsgebaren der AMA-Tochter.

"Selbstbedienungsladen"

FPÖ-Mandatar Harald Jannach bezeichnet die AMA Marketing im STANDARD-Gespräch als Selbstbedienungsladen des Bauernbunds. "Geld wird ohne Beschlüsse, ohne Protokolle rausgezogen." Die FPÖ werde im Juni zudem eine Anzeige gegen die AMA Marketing bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft einbringen, ergänzt Jannach. Der Vorwurf: freihändige Vergaben von Aufträgen. Basis dafür sei ein kritischer Bericht des Rechnungshofes, der im Vorjahr vorgelegt wurde.

"Zu wenige Leute haben zu großen Einfluss auf die Institution", meint auch Wolfgang Pirklhuber von den Grünen. "Ihre Strukturen gehören hinterfragt, die Kontrollrechte gestärkt." Ihre aktuelle Organisation erinnere ihn an ein Fossil aus Zeiten, in denen zwei Großparteien das Land unter sich aufteilten. Die Bestellung ihres Aufsichtsrats beispielsweise sei nicht gesetzlich geregelt, es gebe dafür kein Hearing.

"Verschwörungstheorien"

Kontrollen und Diskussion vermisst Pirklhuber zudem über die Verteilung der Inserate der AMA Marketing. Was ihm dabei ins Auge sticht: In Jahren vor einer Landtagswahl haben sich die Ausgaben dafür in etlichen Zeitungen und Zeitschriften verdoppelt bis verfünffacht. Das geht aus dem Bericht des Rechnungshofes hervor.

"Fürs Bauernjournal etwa, das Landwirte ohnehin schon finanzieren, zahlen Bauern über diese Quersubventionierungen gleich zweimal." In Summe flossen 2012 rund 3,3 Millionen Euro in Inserate, 2014 waren es nur 2,5 Millionen Euro. "Das kann kein Zufall sein", glaubt der Landwirtschaftssprecher der Grünen, der hier die ÖVP Parteipolitik machen sieht.

Michael Blass, der die Geschäfte der AMA Marketing seit 2013 führt, weist jeden Zusammenhang von Inseraten mit politischen Ereignissen scharf zurück. "Das sind Verschwörungstheorien, die ins Reich der Fantasie gehören." Jedes einzelne Inserat lasse sich logisch erklären. Die Grünen mögen lieber Fakten auf den Tisch legen. Im Übrigen seien die Ausgaben für Einschaltungen 2016 so hoch wie nie gewesen – "in einem Jahr, in dem sicher nicht absehbar war, dass es 2017 Neuwahlen gibt".

Was die Besetzung des Verwaltungs- und Aufsichtsrates betrifft, verweist Blass auf die AMA als Eigentümerin der AMA Marketing. Nur so viel: "Was hier zählt, sind Kompetenz und Erfahrung."

Rechnungshof stärkt Kritik

Pirklhuber freilich macht stutzig, dass alle Branchen Marketingbeiträge abliefern müssen, nur der Getreidesektor nicht. Dieser ist im Aufsichtsrat über Josef Pröll vertreten. Der Ex-ÖVP-Chef ist nunmehr Generaldirektor des Mehl- und Mühlenriesen Leipnik-Lundenburger. Bestellt wurde Pröll von seinem einstigen Ministersekretär Günter Griesmayr, erläutert Pirklhuber. "Überall anders hätte es hier einen Aufschrei gegeben." Für viele in der Branche ist der Vorwurf der Freunderlwirtschaft jedoch nicht nachvollziehbar. Tenor: Am neutralsten sei ein Aufsichtsrat, der keine Beitragszahler vertrete. Die Mühlen lehnten gemeinschaftliche finanzielle Initiativen im Übrigen von jeher ab.

Gestärkt fühlt sich die Opposition in ihrer Kritik an der AMA Marketing durch den Rechnungshof: Dieser hat in den von ihm geprüften Jahren 2010 bis 2014 auf so manch Intransparenz im Umgang mit Geldern der Bauern hingewiesen, auf Interessenkonflikte, Unregelmäßigkeiten und Vergabemängel. Ihr Geschäftsführer Blass ging daraufhin in die Offensive: Er versprach, die 51 Empfehlungen umgehend umzusetzen.

Der Opposition zufolge plant der Rechnungshof in zwei Jahren eine Follow-up-Überprüfung. (Verena Kainrath, 9.6.2017)