Pamela Rendi-Wagner will die Ehe für alle umsetzen: "Die Zeit ist reif."

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Wien – Der Zeitpunkt dürfte kein Zufall sein: Am Samstag findet in Wien der Life Ball statt, bei dem sich die Hauptstadt von ihrer toleranten Seite zeigen möchte. Dort haben die Ballgäste die Möglichkeit, (symbolisch) zu heiraten. Laut Gesetz ist das in Österreich aber nicht allen Menschen erlaubt. Homosexuelle Paare dürfen eine eingetragene Partnerschaft eingehen, nicht aber eine Ehe.

Das will Gesundheits- und Gleichstellungsministerin Pamela Rendi-Wagner (SPÖ) nun ändern und hat am Donnerstag den Gesetzesvorschlag "Ehe gleich" an die schwarzen Regierungspartner, Vizekanzler Wolfgang Brandstetter und ÖVP-Chef Sebastian Kurz, übermittelt – obwohl Kurz erst am Vortag im ORF-Interview erklärt hatte, dass er die geltenden Regelungen für "solide" halte.

Rendi-Wagner sieht das anders. Die Gesellschaft sei viel weiter als die Politik: "Die Zeit ist reif." Dieses Gesetz sei auch ein Maßstab dafür, wie die Gesellschaft mit Minderheiten umgehe.

Gesetz für eingetragene Partnerschaft würde entfallen

Für die rechtliche Gleichstellung müssten das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch und das Gesetz für die eingetragene Partnerschaft geändert werden – Letzteres würde durch ein Ehe-gleich-Gesetz entfallen.

Diskriminierungen würden durch den Gesetzesentwurf beseitigt, ist sich Bundesrat Mario Lindner (SPÖ) sicher. Dass Außenminister Kurz meint, es gebe keine Diskriminierungen, bewertet Lindner als "zynisch und als Verhöhnung von homosexuellen Menschen". Er hofft auf ein Einlenken des Regierungspartners, damit die Novelle noch in dieser Legislaturperiode in Begutachtung gehen kann.

Allerdings hat die SPÖ erst Mitte Mai bei einem gemeinsamen Fristsetzungsantrag von Grünen und Neos nicht mitgestimmt. Rendi-Wagner begründet das damit, dass es ohne ÖVP sowieso keine Mehrheit gegeben hätte. Diese will sie nun finden.

Andere Rechte und Pflichten wie bei Zivilehe

Doch wie sieht die derzeitige Gesetzeslage zur eingetragenen Partnerschaft aus? Seit 2010 gibt es die Möglichkeit der eingetragenen Partnerschaft, doch es gelten eben nicht dieselben Rechte und Pflichten wie bei einer Zivilehe. Manche Unterschiede sind skurril – wie eine Bezügebegrenzung bei der Politikerwitwenpension oder das Mindestalter von 18 Jahren bei der Verpartnerung. Heterosexuelle können bereits mit 16 Jahren heiraten.

Doch die Ungleichbehandlung kann für die betroffenen Paare auch problematisch sein. Es gibt etwa keine Pflicht, dem Partner in der Ausübung der Obsorge für dessen Kinder beizustehen. Auch Stiefkinder erhalten nach dem Tod eines eingetragenen Partners keine Waisenpension. Ebenso ist die Pflicht zur Treue kein Teil der eingetragenen Partnerschaft.

Breite Zustimmung in der Bevölkerung

Erfolge konnte die Community in den vergangenen Jahren im Familienrecht verbuchen. Die Stiefkindadoption ist gleichgeschlechtlichen Paaren seit 2013 erlaubt, im Jänner 2016 wurde ihnen das Recht zur Adoption zuerkannt – allerdings geschah das auf Anordnung der Höchstrichter, die das Adoptionsverbot für Homosexuelle als verfassungswidrig einstuften.

Im Zuge der Gesetzesreparatur wurde lesbischen Frauen in Lebensgemeinschaften die Erfüllung eines Kinderwunsches mittels Samenspende erlaubt. Im europäischen Vergleich hinkt Österreich mit seiner Gesetzeslage aber noch hinterher. Die Niederlande waren mit der Einführung der Homoehe im Jahr 2001 das erste Land, das diesen Schritt wagte. Bis dato ist in 22 Staaten weltweit Homosexuellen die Eheschließung erlaubt. Dabei hätte auch in Österreich die Ehe für alle laut einer Eurobarometer-Umfrage aus dem Jahr 2015 breite Zustimmung. Es gibt doppelt so viele Befürworter wie Gegner. (mte, au, 8.6.2017)