Istanbul/Wien – Vor der Fortsetzung des Prozesses gegen den Türkei-Experten von Reporter ohne Grenzen, Erol Önderoglu, am Donnerstag hat sich der Geschäftsführer der Organisation besorgt gezeigt. Er befürchte, dass die türkische Justiz ein "Exempel statuieren wolle", sagte Christian Mihr, der sich zur Prozessbeobachtung in Istanbul aufhält, der Deutschen Presse-Agentur. Gerade in Fällen mit viel internationaler Aufmerksamkeit werde das "offenbar versucht".

Fälle in der Vergangenheit hätten gezeigt, dass man "eigentlich keine Hemmungen mehr hat, keine Scham mehr kennt und im Gegenteil ganz bewusst man ja sozusagen Provokation sucht auf türkischer Seite", sagte Mihr.

Entscheidung der Staatsanwaltschaft für heute erwartet

Önderoglu, dem Autoren Ahmet Nesin und der Vorsitzende der türkischen Menschenrechtsstiftung, Sebnem Korur Fincanci drohen wegen dem Vorwurf der Propaganda für die verbotene Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) lange Haftstrafen. Nach Angaben der Anwälte wird am Donnerstag das Abschlussplädoyer der Staatsanwaltschaft erwartet.

Hintergrund ist eine Solidaritätskampagne für die inzwischen geschlossene pro-kurdische Tageszeitung "Özgür Gündem", an der die Angeklagten teilgenommen hatten. Gegen zahlreiche Journalisten und Unterstützer des Blattes laufen Verfahren wegen "Terrorpropaganda". Nach Angaben von ROG wurde bereits gut ein Dutzend der Angeklagten zu Bewährungsstrafen verurteilt und der Menschenrechtsaktivist Murat Celikkan zu einer Haftstrafe von 18 Monaten. (APA, 8.6.2017)