Sunnitisch-extremistischen Terrorismus gibt es im Iran immer wieder: Er wird von außen oft als Gewalt von marginalisierten Minderheiten, vor allem den Belutschen, gegen einen autoritären Staat eingestuft. Dass Terroristen nun im Namen des "Islamischen Staats" (IS) mitten in Teheran, an zwei gut bewachten symbolischen Plätzen, zuschlagen, ist jedoch eine dramatische Premiere.

Schiiten und historisch verwandte Gruppen, etwa die Alawiten in Syrien oder Aleviten in der Türkei, sind Häretiker in den Augen nicht nur extremistischer Sunniten, sondern manchmal auch solcher, die sich selbst für nicht radikal halten. Sie stehen von jeher auf der IS-Agenda ganz weit oben, aber gezielte Attacken gegen sie haben sich bisher auf arabische Staaten beschränkt. Vom IS wurden sie im Irak und in Syrien, anders als die Christen, nach der Einnahme von Gebieten sofort umgebracht.

Aber der IS verändert sich, und natürlich hat das mit der an sich erfreulichen Tatsache zu tun, dass er immer mehr Territorium verliert: Die irakische Stadt Mossul steht vor der Befreiung, im syrischen Raqqa nimmt die Offensive an Geschwindigkeit auf. Bereits 2015 begann der IS seine Anhänger aufzurufen, nicht mehr nach Syrien und in den Irak zu kommen, sondern in ihren eigenen Ländern zuzuschlagen. Was das bedeutet, sieht man in Europa. Experten warnen auch vor der wachsenden Gefahr in Ostasien.

Trias der Erzfeinde

Jihadisten – nicht nur der IS – haben eine Art Trias der Erzfeinde. Das sind erst einmal die "Kreuzfahrer" – der Westen und seine Kreationen, also die nach dem Ersten Weltkrieg im Nahen Osten geschaffenen Staaten, darunter übrigens auch Saudi-Arabien. Damit in Verbindung stehen die "Zionisten": alles, was mit Juden und Israel zu tun hat. Juden sind von jeher Ziele – und der Kampf gegen Israel ist nur eine Frage der Zeit, erfährt man aus jihadistischen Schriften.

Die Dritten im Bunde sind die "Safawiden": Das war jene Dynastie, die im frühen 16. Jahrhundert die Schia als Religion in Persien durchsetzte. Gemeint sind alle Schiiten, aber vor allem der Iran. Dass das Mausoleum des Gründers der Islamischen Republik, Ruhollah Khomeini, attackiert wurde, erklärt sich von selbst. Er hat dem schiitischen Projekt im 20. Jahrhundert zu neuen Höhenflügen verholfen. Mit dem Parlament als Ziel ist es schon etwas komplizierter: Denn so etwas hätten auch viele Sunniten gerne, die sonst gar nichts von den Schiiten und dem Iran halten. (Gudrun Harrer, 7.6.2017)