Er frage sich selbst, warum er, obwohl er so lange in der Politik aktiv war, "eigentlich ziemlich ohne Narben und ohne Verletzungen durchgekommen" sei, meinte Heinz Fischer, der ehemalige Bundespräsident in alter Frische am Mittwochabend bei Armin Wolf in der "ZiB 2".

Während sich der amtierende Präsident, Alexander Van der Bellen, mit Kommentaren zur herrschenden Regierungskrise – von einer Staatskrise wollte Fischer dezidiert nicht sprechen – mehr als zurückhält, was Fischer verteidigte, analysierte er den Schlamassel der großen Koalition in aller Ruhe. Fast wurde man als Zuseherin sentimental.

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Manchmal wich Fischer vor den Fragen Wolfs einen halben Schritt zurück, um sie dann doch zu beantworten – aus seiner neuen Position mit etwas Abstand, aber ungebrochenem Interesse für Politik, in der er "weich gelandet" sei.

Anders als sein ehemaliger Pressesprecher Bruno Aigner sei Fischer etwa nicht dafür, dass die SPÖ eine Zusammenarbeit mit der FPÖ von vornherein ausschließe. Die Legislaturperiode von vier auf fünf Jahre zu verlängern habe sich in der Praxis nicht als klug erwiesen, und ein Anhänger eines mehrheitsfördernden Wahlrechts ist Fischer auch nicht.

Er fürchte, "Grobheiten" würden in der Politik künftig zunehmen, und meinte abschließend fast bescheiden: "Wenn mir jemand zuhört, dann würd ich sagen, bemühts euch und denkts dran, dass Politik kein Freistilringen ist und Politik sehr viel Konzentration und positive Energie erfordert." Ja, wenn ihm jemand zuhören würde. Schaden könnte das wirklich nicht. (Colette M. Schmidt, 1.6.2017)