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Wer sich im Job wegen des Geschlechts, der Religion, einer Behinderung oder anderen Faktoren diskriminiert fühlt, kann sich an die Antidiskriminierungsstelle wenden. Doch wie unabhängig darf die Beratung sein?

Foto: dpa/dpa/Monika Skolimowska

Linz – Was tun, wenn man bei der Bewerbung für einen Job in die engere Auswahl kommt, voller Hoffnung ist und dann überraschend erfährt, dass die Stelle nun doch "vorläufig nicht besetzt wird"? So geschehen im Land Oberösterreich, wo die Funktion des oder der Antidiskriminierungsbeauftragten weiter von niemandem ausgeübt wird.

Der Reihe nach: Die Leitung der Antidiskriminierungsstelle war Anfang des Jahres öffentlich ausgeschrieben worden, bis 23. Februar hatten potenzielle Bewerber Zeit, ihre Unterlagen beim Land Oberösterreich einzureichen. Unter ihnen war auch der 40-jährige Linzer Jurist Christopher Frank, der sich als Autor mehrerer Publikationen zum Antidiskriminierungsrecht gute Chancen ausrechnete und auch in die engere Auswahl kam. Ein rund achtstündiges Assessment-Center vor einer Kommission wurde abgehalten und den Kandidaten laut Frank versichert, dass man sich bis Mitte April zu einer Entscheidung durchringen werde.

Nur noch im eigenen Kreis

Eine Entscheidung wurde zwar getroffen – doch gänzlich anders als erwartet. Man werde die Stellenbesetzung vorerst auf Eis legen, hieß es. Der Grund: Man ändere die Jobanforderungen, die im Antidiskriminierungsgesetz festgelegt sind. Künftig wolle man diesen Job nämlich nicht mehr ausschreiben, sondern die Funktion nur noch im "Kreis der Landesbediensteten" vergeben. Die neue Leitung müsse zudem über keine juristische Bildung verfügen – der entsprechende Passus im Gesetz, wonach der Bewerber oder die Bewerberin "rechtskundig" sein müsse, wurde gestrichen.

"Absurd" findet das Volker Frey, Experte für Diskriminierungsrecht beim Klagsverband. Zumal die Tätigkeit "zum Großteil" aus Rechtsberatung bestehe – und die erfordere fundiertes juristisches Wissen.

Will sich die Politik lästige Kontrolle ersparen, wie Frank im STANDARD-Gespräch vermutet? Nicht zuletzt äußert sich die Antidiskriminierungsstelle auch zu Gesetzesvorhaben des Landes.

In der zuständigen Personalabteilung des Landes Oberösterreich will man sich dazu auf STANDARD-Anfrage nicht äußern – und verbindet lieber ins Büro von Landeshauptmann Thomas Stelzer. Dieser hat sein Amt am 6. April angetreten. Zwei Wochen später wurde das Auswahlverfahren überraschend gestoppt.

Stelzers Sprecher erklärt auf STANDARD-Anfrage, es handle sich bei der Änderung der Auswahlkriterien um eine "Vereinfachung der Behördenstruktur". Dass nur intern gesucht wird, sei auch in anderen Ländern üblich, und der Vorwurf, man wolle sich Kritik ersparen, sei "unverständlich".

Bericht "bei Bedarf"

Dass man unabhängige Kontrolle zumindest reduzieren will, darauf deutet jedoch auch ein weiterer Punkt in der Novelle hin: Künftig soll die Stelle nicht mehr verpflichtet sein, dem Landtag regelmäßig Berichte vorzulegen. Sie soll nur noch "bei Bedarf" einen Tätigkeitsbericht erstellen – und diesen nicht mehr den Mitgliedern des Landtages samt Opposition, sondern nur noch der Landesregierung vorlegen. Frey sieht das als Einschnitt in die Unabhängigkeit der Kontrollstelle.

Scharfe Kritik kommt von der international tätigen Menschenrechtskonsulentin Marianne Schulze. Österreich sei für die unzureichnende Umsetzung der Anti-Diskriminierungsvorgaben vom Europarat zuletzt "scharf kritisiert" worden – die Novelle würde eine im internationalen Vergleich "ressourcenschwache Menschenrechtsinstitution weiter schwächen".

Kritisch äußert sich auch der Monitoringausschuss zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention. Dass die Stelle nicht mehr ausgeschrieben werden soll, sei "überaus bedenklich", heißt es in der Stellungnahme zum Begutachtungsentwurf. (Maria Sterkl, 31.5.2017)