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Sollte im Herbst gewählt werden, hätte Expremier Matteo Renzi innerhalb von drei Jahren drei Regierungen seiner eigenen Partei zu Fall gebracht.

Foto: Matteo Bazzi/ANSA via AP

Das geplante neue Wahlgesetz für Italien, an dem nun plötzlich (fast) alle Gefallen zu finden scheinen, orientiert sich an jenem aus Deutschland und sieht ein proportionales System sowie eine Fünf-Prozent-Hürde vor. Noch sind nicht alle Details geklärt, noch wehren sich die Kleinparteien, dennoch dürfte einer raschen Verabschiedung durch das italienische Parlament eigentlich nicht mehr allzu viel im Weg stehen.

Neue Wahlgesetze sorgen in Italien gern für vorzeitige Wahlen: Wenn man sich schon neue Spielregeln gibt, dann will man diese auch ausprobieren. Sowohl der sozialdemokratische Expremier Matteo Renzi als auch Protestpolitiker Beppe Grillo haben diesbezüglich ohnehin immer Eile signalisiert; Silvio Berlusconi hat zumindest nichts mehr dagegen. Als wahrscheinlichster Termin gilt nun der 24. September. Italien würde dann mit dem neuen, "deutschen" Wahlgesetz am gleichen Tag ein neues Parlament wählen wie die Deutschen ihren Bundestag.

Haushalt muss verabschiedet werden

Einen handfesten sachlichen Grund, die Legislatur vorzeitig zu beenden, gibt es allerdings nicht. Regierungschef Paolo Gentiloni von Renzis PD macht seine Sache so weit gut. Eigentlich gäbe es triftige Gründe, Gentiloni bis zum regulären Ablauf der Amtsperiode im Frühling 2018 weiterregieren zu lassen. Wichtiger Hintergrund: Im Herbst müssen Regierung und Parlament den Haushalt 2018 beschließen, von dem man schon heute weiß, dass er Korrekturmaßnahmen von mindestens 30 Milliarden Euro enthalten muss.

Wird das Parlament vor der Budgetdebatte aufgelöst und ergeben die Neuwahlen keine regierungsfähige Mehrheit, drohen fatale Verzögerungen – und die kann sich Italien mit seinem enormen Schuldenberg und seinen angeschlagenen Banken nicht leisten. Gegner vorzeitiger Wahlen warnten schon vor Szenarien wie in Griechenland. Die Anleger jedenfalls haben Gerüchte über mögliche vorzeitige Neuwahlen nicht goutiert: Die Zinsaufschläge für die italienische Staatsschuld sind sofort nach oben gegangen.

Das ist aber insbesondere Renzi ziemlich egal. Seit er im vergangenen Dezember nach seiner Niederlage beim Verfassungsreferendum als Premier zurückgetreten ist, ordnet er seinem Comeback alles unter. Dafür wird er auch ohne Zögern seinen Parteifreund Gentiloni opfern, wie er es schon 2014 mit Enrico Letta tat.

Drei Jahre, drei Regierungen

Sollten im Herbst tatsächlich Neuwahlen stattfinden, dann hätte Renzi das Kunststück zustande gebracht, innerhalb von drei Jahren drei Regierungen seiner eigenen Partei zu Fall zu bringen. Egal wie stark der PD wird, Renzi wird wohl auf einen Koalitionspartner angewiesen sein. Da die "Grillini" und die Lega Nord dafür nicht infrage kommen, müsste fast zwangsläufig Berlusconis Forza Italia zum Zug kommen. Das wissen auch die linken Wähler – eine schwere Hypothek für Renzi.

Nicht ausgeschlossen ist deshalb eine Koalition aus Grillini und Lega Nord – für viele in Italien und Europa ein wahres Gruselszenario. (Dominik Straub aus Rom, 30.5.2017)