Die 1960er – ein Jahrzehnt der Umbrüche und Neuorientierung. In der populären Musik herrscht Aufbruchsstimmung: Von Liverpool aus erobern die Beatles die Bühnen der Welt, die Stones rollen von Erfolg zu Erfolg, Bob Dylan, Jimmy Hendrix und Janis Joplin treten ins Rampenlicht, und die Beach Boys surfen mit Happy-Sound durch alle Radiokanäle.

Und dann ist da noch Mrs. Miller. Mrs. Miller? Ja, Mrs. Miller. Die goldene, unvergleichliche Stimme der Sechziger, die zu Unrecht in Vergessenheit geratene Perle der Popmusik, abseits von Bee Gees, Simon & Garfunkel und den Supremes.

Mrs. Miller mit dem Komiker Jimmy Durante, 1966.
Foto: Wikimedia/Public Domain

Mrs. Miller, die eigentlich Elva Ruby Connes hieß, war beinahe 60 und bereits Großmutter als sie ins Licht der Öffentlichkeit trat und begann, bekannte Songs aus den Hitparaden nachzusingen. "Downtown", "Monday Monday", "Yellow Submarine" und "A Groovy Kind of Love" hatte sie in ihrem Programm, aber auch der Sinatra-Klassiker "Strangers in the Night" und "Moon River" von Henry Mancini wurden gecovert.

So weit, so gewöhnlich. Coverversionen gehören schließlich seit jeher zum Repertoire und täglichen Brot vieler bekannter Musiker. Doch die gesanglichen Fähigkeiten von Mrs. Elva Miller waren durchaus umstritten. Parallelen zu Florence Foster Jenkins, der eine ähnlich unvorhersehbare Karriere auf dem Gebiet der klassischen Musik beschieden war, dürfen durchaus gezogen werden.

Hier eine wunderbare, wenngleich recht eigentümliche Interpretation des Beatles-Hits "Yellow Submarine" durch Mrs. Miller:

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Dieses Übermaß an Gesangstalent blieb selbstverständlich auch den Plattenfirmen nicht verborgen und so nahm das renommierte Label Capitol Records sie tatsächlich unter Vertrag. Im Jahr 1966 erschien ihr erstes Album. Es hieß schlicht und ergreifend "Mrs. Miller’s Greatest Hits" und verkaufte sich bereits nach kürzester Zeit mehr als 250.000 Mal.

Auf dem Album ist unter anderem Mrs. Millers unnachahmliche Version von Petula Clarks Hit "Downtown" aus dem Jahr 1964 zu hören.

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Egal, dass sie manchen Ton nicht traf, immer wieder aus dem Takt kam oder häufig manche Songs zu Ende pfeifen musste, weil ihr der Text entfallen war – der Erfolg gab ihr schließlich Recht. Mrs. Miller sang in bekannten Fernsehshows, unter anderem in Johnny Carsons "Tonight Show", trat in der berühmten Hollywood Bowl vor 18.000 Zusehern auf und wurde sogar nach Vietnam geflogen, wo sie die amerikanischen Truppen mit ihren Gesangskünsten beglückte.

Was Frank Sinatra von Mrs. Millers Version von "Strangers in the Night" hielt, ist leider nicht überliefert.

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Doch so rasch der Erfolg gekommen war, so rasch ebbte er auch wieder ab. Bereits zwei Jahre nach ihrem Engagement, nach drei veröffentlichten Alben, verlor Capitol Records das Interesse an Mrs. Miller und löste den Vertrag mit ihr auf. Das Ende einer kurzen, aber bemerkenswerten Karriere. 

Hier einige weitere überaus hörenswerte Einspielungen, die Millers gesangliche Fähigkeiten eindrucksvoll illustrieren:

Tom Smith
edgycorners
saoirseoneal
CoverHeaven
Mooncalf2012

Und falls Sie in Zukunft einen besonders lieben Menschen zum Geburtstag beglückwünschen möchten, bietet sich selbstverständlich ein herzlicher Gruß aus dem Munde von Mrs. Miller an. Happy Birthday! (Kurt Tutschek, 1.6.2017)

Fred Schneider and the Superions

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