Denis Johnson im Jahr 2003.

Foto: imago/Götz Schleser

New York – Der Mensch ist ein Affe mit Geist – halb Tier, halb Gott -, wobei das Göttliche immer nur eine Andeutung bleibt. Denis Johnson war ein literarischer Meister dieser Andeutung. Seine Kunst bestand darin, die Last des Daseins durchsichtig zu machen, auf dass sich dem Blick etwas zeige, von dem aber meist nicht viel mehr zu erkennen war als die Klarheit, die aus den Sätzen kam. Und eine Idee von Musikalität, an der ihm sehr gelegen war.

Denis Johnson war eine halbe Generation jünger als Philip Roth oder John Updike, aber er war von diesen Metaphysikern des amerikanischen Alltags durch andere Grenzerfahrungen getrennt. Während die Väter der Babyboomer vor allem in der Sexualität einen Zugang zur Transzendenz suchten, beschrieb Johnson in einer Kurzgeschichte einmal, wie er 1973 nach Berkeley kam und dort eine Weile obdachlos unter zahlreichen anderen Verwahrlosten lebte, immer nur auf der Suche nach einem schlechten Trip.

Studium bei Raymond Carver

Sein bekanntestes Buch handelt dann indirekt von den jungen Leuten, die er damals gesehen haben mag: Jesus' Son (1992), eine Sammlung von Kurzgeschichten über drogensüchtige Menschen auf der Kippe. Die Sixties-Euphorie hinsichtlich Bewusstseinserweiterung war da schon ganz weit weg.

Denis Johnson kam 1949 in München als Sohn eines Beamten des US-Außenministeriums zur Welt. Die Familie war viel unterwegs, als er hochschulreif wurde, war sie wieder in Amerika. So konnte er in Iowa studieren, unter anderem bei Raymond Carver, einem Meister der entschlackten Sprache. Johnson erzählte später immer wieder von der langen Entstehungszeit seiner Bücher. Im Falle seines letzten Romans, des Agententhrillers The Laughing Monsters, lagen die ersten Ideen fast vierzig Jahre zurück.

Neben Jesus' Son ist sein Hauptwerk wohl der Roman Tree of Smoke. An dessen Beginn geht ein junger Soldat namens James Houston auf den Philippinen in den Dschungel und schießt einen Affen vom Baum, den er dann im Todeskampf noch weinen sieht. Mit den Augen Houstons, eines verschreckten Achtzehnjährigen, sieht man im Roman dann auch den Helden: Francis X. Sands, Offizier mit CIA-Verbindungen, wie sie auch Johnsons Vater gehabt hatte.

Am vergangenen Donnerstag ist Denis Johnson im Alter von 67 Jahren in Kalifornien einem Leberkrebsleiden erlegen. (Bert Rebhandl, 26.5.2017)