Tedros Adhanom Ghebreyesus war Gesundheitsminister und Außenminister Äthiopiens

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Die krisengeschüttelte Weltgesundheitsorganisation hat einen neuen Generaldirektor gewählt: Der äthiopische Mediziner Tedros Adhanom Ghebreyesus wird am 1. Juli für fünf Jahre die Führung der obersten internationalen Gesundheitsbehörde übernehmen.

Tedros (52) schlug am Dienstag nach Angaben von Diplomaten auf der Weltgesundheitsversammlung in Genf zwei Mitbewerber aus dem Feld. Der frühere Gesundheitsminister und Ex-Außenminister Äthiopiens wird als erste Afrikaner die Weltgesundheitsorganisation mit 194 Mitgliedsländern führen. Der Malariaexperte folgt als Generaldirektor auf die Chinesin Margaret Chan.

Der Äthiopier, der mit dem ersten Namen Tedros angesprochen wird, betonte, er wolle für eine Welt arbeiten, in der jeder Mensch "ein gesundes und erfülltes Leben" führen könne. Die WHO müsse den Kampf gegen alte Krankheiten wie Tuberkulose genauso entschlossen führen wie gegen neue Epidemien, etwa Ebola.

Vertuschungsvorwurf

Vor der Wahl tauchten Vorwürfe gegen Tedros auf: Als Mitglied der autoritären Regierung Äthiopiens trage er eine Mitverantwortung für den brutalen Einsatz der Sicherheitskräfte gegen Demonstranten. Zudem habe er als Gesundheitsminister versucht, Cholera-Ausbrüche zu vertuschen. Tedros wies die Vorwürfe zurück.

Zur Wahl standen auch der britische Mediziner und UN-Diplomat David Nabarro sowie die pakistanische Medizinerin und Gesundheitsaktivistin Sania Nishtar. Insgesamt arbeiten gut 8.000 Menschen für die 1948 gegründete WHO, das Zweijahresbudget beläuft sich auf 4,4 Milliarden US-Dollar.

Die Organisation rutsche unter der abtretenden Chefin Margaret Chan (69) in eine schwere Krise: Die Funktionäre hatten zu langsam und unbeholfen auf den Ausbruch der bislang schwersten Ebola-Krise 2013 / 2014 reagiert. Chan, eine Medizinerin aus Hongkong, übernahm die Verantwortung für das katastrophale Fehlverhalten. Bei der Ebola-Epidemie infizierten sich in Guinea, Liberia und Sierra Leone mindestens 29.000 Menschen, mehr als 11.000 starben. (Jan Dirk Herbermann aus Genf, 23.5.2017)