Taxifahrer bei einem Protest gegen Uber in Buenos Aires. Seine Fahrer sieht das US-Unternehmen als selbstständige Dienstleister – vieles spricht aber dafür, sie als Arbeitnehmer zu klassifizieren.

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Dieser Beitrag ist der fünfte Teil einer Artikel-Serie zum Thema "Spielregeln der Gig-Economy". Ältere Teile gibt es hier, hier und hier.

Nach eigener Auffassung vermittelt Uber als Online-Plattform nur Fahrdienstleistungen und stellt lediglich eine Beziehung zwischen den Fahrern und Kunden her, wofür man zu etwa 25 Prozent am Umsatz des Beförderers beteiligt werde. Das Unternehmen legt großen Wert darauf, nicht selbst Vertragspartner des Fahrgastes und vor allem auch nicht Arbeitgeber der Fahrer zu sein.

Risiken für Fahrer hoch, für Uber gering

Diese Darstellung suggeriert, dass sich die Unternehmenstätigkeit lediglich darauf beschränke, potenzielle Fahrer mit potenziellen Kunden "zusammenzubringen". Die "Vermittlungsbedingungen" hingegen regeln jedes Detail der eigentlichen Fahrtabwicklung zwischen Beförderer und Fahrgast. Uber bestimmt die Auswahl von Fahrer und Fahrzeug sowie Fahrtroute und Festlegung des Fahrttarifes ebenso wie die Abrechnung und Befugnis zur Einhebung des Entgeltes. Mithilfe dieser Vertragsbedingungen sichert sich das Unternehmen die Steuerung und Kontrolle sämtlicher relevanter Vorgänge der Transportdienstleistung, ohne sich im Gegenzug an unternehmensspezifischen Risiken wie Stehzeiten, Personalkosten oder Haftung für Betriebsmittel beteiligen zu müssen.

Durch die Abwicklung der Fahrten auf Namen und Rechnung des Beförderers versucht Uber gewerberechtlichen Regulierungen auszuweichen. In Europa war der Markteintritt durchaus konfliktreich. So wurden Manager des Modells Uber-Pop letztes Jahr von einem französischen Gericht wegen illegaler Transportdienstleistungen zu Strafen in Höhe von 800.000 Euro verurteilt. Auch in Deutschland, Spanien, Belgien und Ungarn erfolgte eine teilweise Sperre der Dienste. Dies wurde mit Verstößen gegen das Personenbeförderungsgesetz und das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb begründet. Im Juli 2016 erklärte ein Gericht in Dänemark die Uber-Fahrtdienste ohne Lizenzen für illegal.

Selbstständig oder nicht?

Auch in Österreich bietet Uber im Kern eine Beförderungsleistung, die bislang nur von Taxiunternehmen zu einem fixen Tarif offeriert werden darf. Uber arbeitet im Gegensatz dazu mit einem variablen Tarif, für den das Unternehmen einen eigenen Algorithmus namens "surge pricing" entwickelt hat. Mit diesem kann Uber den amtlichen Taxitarif unterlaufen und so die Taxiunternehmen sukzessive vom Markt verdrängen. In Zeiten hoher Nachfrage wird der Fahrpreis dann vervielfacht. So wurden in Wien zu Silvester 2016 bis zu achtmal höhere Rechnungen ausgestellt.

Die negativen Folgen für die Beförderer sind vor allem dort enorm, wo Uber Aufträge direkt an einzelne Fahrer (nach Ansicht des Unternehmens an "selbstständige Dienstleister") vermittelt. Das Employment Tribunal der City of London sieht darin jedoch ein Arbeitsverhältnis als "worker", da Uber die Kontrolle über alle wesentlichen Aspekte der Personenbeförderung ausübe.

Rückschrittliche Beschäftigungsformen

Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer werden so in temporäre Beschäftigungsverhältnisse gedrängt, in denen der Bestand des Vertrags sowie das erzielbare Einkommen ungewiss sind und keine Mindestrichtlinien wie zum Beispiel Kollektivverträge existieren. Auch in Österreich spricht vieles dafür, dass es sich bei bestimmten Gruppen von Uber-Fahrern um Arbeitnehmer der Plattform und eben nicht um selbstständige Dienstleister handelt.

Die Digitalisierung bietet den Usern eine Vielzahl an Möglichkeiten, individuelle Dienstleistungen zu jeder Zeit an jedem Ort in Anspruch zu nehmen. Gleichzeitig wird auch eine Minimalisierung der Transaktionskosten für die Bereitstellung von Dienstleistungen möglich. Dadurch werden bestehende unternehmerische Risiken auf ehemals Beschäftigte abgewälzt. Im Windschatten des technologischen Fortschritts werden auf diese Art und Weise rückschrittliche Beschäftigungsformen wiederbelebt, die den prekären Bedingungen der Tagelöhner im 19. Jahrhundert ähnlich sind. (Matthias Balla, 6.5.2017)