Nach Jahren der Krise, nationaler Anmaßung und dem Brexit – gepaart mit Ideenlosigkeit, wie man die EU flottmachen könnte – kommt in den Entscheidungszentren Europas eine beinahe vergessene Stimmung auf: Hoffnung, Optimismus, sogar Entschlossenheit.

Der Ständige Ratspräsident Donald Tusk gab im Europaparlament die neue Parole aus: Brexit hin oder her, die Mitgliedsstaaten der EU-27 müssten fest zusammenhalten, den Blick in die Zukunft richten. In diesem Sinn fuhr er gleich weiter nach Paris, um den neuen französischen Präsidenten Emmanuel Macron zu treffen – mehr als nur ein symbolischer Akt. Die Wahl des Staatspräsidenten in Frankreich markiert eine Wende in der Europapolitik.

Der studierte Philosoph Macron bringt einen ganz anderen Esprit ins EU-Getriebe als sein Vorgänger. So will er nicht Milliarden aus Deutschland, um "alte Schulden" zu bedienen, fordert aber eine starke gemeinsame Eurozone. Macron macht, was der Job der EU-Kommission wäre: die Vision einer grundlegenden Reform zu entwickeln.

Am Montag in Berlin sprach er vor Kanzlerin Angela Merkel sogar von einem "wirklichen Akt der Neugründung der EU und der Eurozone". Sie war angetan. Sein positives Europabild verblüfft Freund und Feind. Sein Wahlsieg hat die groben rechten EU-Skeptiker "schmähstad" gemacht. Macrons Elan, Merkels Erfahrung, Tusks Vermittlung – da könnte etwas Gutes herauskommen fürs gemeinsame Europa. (Thomas Mayer, 17.5.2017)