Bild nicht mehr verfügbar.

Die Automobilindustrie sieht schwarz: Der Diesel geriet durch den VW-Abgasskandal in Verruf.

Foto: Reuters/Schwarz

Wien – Neuwagenkäufer greifen immer seltener zu Diesel-Pkws. Was sich bei den deutschen Nachbarn bereits seit einigen Monaten abzeichnet, schlägt sich nun auch in Österreich in den Zahlen nieder. Im April wurden 16,3 Prozent weniger neue Dieselfahrzeuge zugelassen als im Jahr davor. Dass das kein einmaliger Ausreißer ist, sondern die Gegenargumente auch bei den Kunden durchsickern, diesen Schluss lassen die Zahlen von Jänner bis April zu: Das Minus liegt bei 3,2 Prozent.

Österreich wird dank jahrelanger Förderung durch die Politik – die steuerliche Begünstigung wurde 1992 eingeführt – dennoch noch länger Dieselland bleiben. Rund 4,8 Millionen Pkws fahren auf den heimischen Straßen, 57 Prozent mit Diesel. Das war nicht immer so: Erst 1996 überholte der Dieselmotor den Benziner in der Zulassungsstatistik. Mit 71,5 Prozent erreichte er 2003 den Gipfel. Einen Einbruch auf 46 Prozent gab es 2009, unmittelbar nach Ausbruch der Finanzkrise. Damals wurden lieber Klein- und Kleinstwagen gekauft, die überwiegend mit Benzinmotoren ausgestattet sind. Doch schon bald ging der Trend wieder zu größeren und schwereren Autos – und zum Diesel. Aus gutem Grund.

Dieselgate und die Folgen

Viele Dieselmotoren sind im Vergleich zu Ottomotoren mit ähnlicher Leistung effizienter. Sie haben ein günstigeres Verhältnis zwischen eingesetzter und nutzbarer Energie, der Verbrauch ist tendenziell geringer. Womit auch weniger Kohlendioxid (CO2) ausgestoßen wird. Dass der Diesel just rund um sein 125-jähriges Jubiläum zum Schmutzfink wird, darf man wohl als Ironie der Geschichte werten. Als Rudolf Diesel 1892 das Patent anmeldete, sprach man von Jahrhunderterfindung.

Doch seit Dieselgate ist vieles anders. Im Herbst starten die neuen Abgastests, um schrittweise zu realistischeren Ergebnissen zu kommen. Schon jetzt ist klar, worauf es hinausläuft: Bei zahlreichen Tests stießen Diesel-Pkws mit der neuesten Abgasnorm Euro 6 im Realbetrieb ein Vielfaches der erlaubten Stickoxidmengen aus. Für die Gesundheit äußerst unerfreulich.

Fahrverbot und Dieselprivileg

So kam es, dass im vergangenen Jahr viel Diskussionsbedarf herrschte: Fahrverbote, Umweltzonen, Aufhebung des Dieselprivilegs werden ventiliert. Die Kauflust der Kunden ist spürbar gebremst. Im April lag der Anteil der Dieselfahrzeuge bei den Neuzulassungen zwar noch bei knapp über 50 Prozent (46 Prozent bei Ottomotoren), dennoch ist der Rückgang deutlich spürbar. 2016 lag er mit 57,3 Prozent deutlich über jenem der Benziner.

Bei der heimischen Automobilindustrie schrillen jedenfalls die Alarmglocken. Den Dieselmotor jetzt zu verdammen sei "unverantwortlich und fahrlässig", warnen Österreichs Automobilimporteure. Fahrverbote würden zu einer Abwertung von Dieselfahrzeugen führen, sagt Christian Pesau, Geschäftsführer des Arbeitskreises der Automobilimporteure. Und das würde wohl tendenziell eher Geringverdiener belasten, ergänzt Christian Helmenstein vom Economica Institut für Wirtschaftsforschung.

Höhere Kosten

Helmenstein hat auch die volkswirtschaftliche Bedeutung des Diesels errechnet. 17,2 Milliarden Euro an Bruttowertschöpfung gehen hierzulande demnach auf seine Kappe, was dem Ausmaß des Tourismus entspricht. Doch noch ist der Abgesang auf den Diesel ohnedies verfrüht: Man braucht ihn, um die CO2-Grenzwerte in Europa einzuhalten. Und die Hersteller haben schon reagiert: Bei der Entwicklung spielen nur noch größere Motoren eine Rolle. In den Etagen der Öffentlichkeitsarbeiter wird das Dieselthema niedriger gespielt. Hintergrund sind die höheren Kosten der Abgasreinigung, die wiederum zu höheren Kosten des Diesels führen, womit die Marktanteile weiter schrumpfen. (rebu, 15.5.2017)