Wien/Maria Enzersdorf – Der börsennotierte niederösterreichische Energieversorger EVN will in Kroatien im Gasgeschäft kräftig wachsen. In den drei Küstenregionen Zadar, Sibenik und Split hat die EVN exklusiv Konzessionen für das Gasverteilnetz. Bei den Gaslieferungen an Kunden steht sie im Wettbewerb mit anderen Anbietern. Potenzial sieht man auch durch den boomenden Tourismus.

Der Anschluss des ersten Kunden – eines Bäckereibetriebes – erfolgte im Juni 2012 in der Region Zadar. Seit 2011/12 hat die EVN ihren Gasabsatz in Dalmatien jährlich verdoppelt. 2016 waren es rund 7 Mio. m3, heuer sollen es rund 15 Mio. m3 sein. Längerfristiges Ziel sind rund 50 Mio. m3 im Jahr. Der gesamte Gasverbrauch in Kroatien liegt bei rund 3,5 Mrd. m3.

Potenzial sieht die EVN im Tourismus. Zu den Kunden zählen auch Gewerbe- und Industriebetriebe, öffentliche Einrichtungen wie eine Sporthalle und Haushalte. Errichtet wurden bereits mehr als 100 Kilometer Gas-Verteilnetze. Investiert wurden bisher 25 Mio. Euro. Insgesamt seien 40 Mio. Euro geplant, sagte EVN-Croatia-Geschäftsführer Werner Casagrande vor österreichischen Journalisten in Split. Insgesamt hat die EVN derzeit rund 1.100 Kunden in Kroatien angeschlossen.

Konzessionen laufen für 30 Jahre

Die erste Konzession hat die EVN im Jahr 2009 für die Region (Gespanschaft) Zadar erhalten. Dann folgten Sibenik und Split. Die Konzessionen laufen für 30 Jahre. In Zadar ist das Basisnetz bereits errichtet, jetzt folgt die Verdichtung. In Split wurde mit dem Bau im November 2013 begonnen. Als erster Kunde in der Region wurde im Mai 2015 die Kaffeerösterei Procaffe angeschlossen, die auch in Wien vertreten ist. Angeschlossen werden in der Stadt Split künftig auch Krankenhäuser sowie weitere Gewerbebetriebe oder auch eine große Wäscherei. Beim Bau von Gasleitungen werden, falls nötig, auch archäologische Berater herangezogen. Fündig wurden die Archäologen etwa in Split, wo ein Stück parallel zur römischen Ausgrabungsstätte Salona gebaut wird.

In Tourismusbetrieben wird mit Erdgas gekocht, geheizt, gekühlt oder auch eine Wäscherei betrieben. Zuvor wurde von einigen Unternehmen Flüssiggas eingesetzt, das mit Lkw transportiert wurde. Die Ersparnis für die Betriebe durch den Erdgaseinsatz liegt laut EVN bei 30 bis 40 Prozent. Geschätzt werde neben den niedrigeren Kosten auch die Qualität der Versorgung. Zu den Kunden zählen etwa Knauf Knin und die Hotelanlage Solaris in Sibenik, die bereits jetzt rund 800.000 m3 Erdgas im Jahr verbraucht.

Rund zwei Drittel des kroatischen Erdgasverbrauchs stammen aus eigener Produktion, der Rest kommt aus Russland. Die Konzessionen für das Gasverteilnetz werden in jeder Region nur an je ein Unternehmen vergeben. Den Gaslieferanten können die Kunden aus mehr als 50 Unternehmen landesweit frei wählen.

Wachstum

Die kroatische Wirtschaft wächst seit 2015 wieder, nachdem sie von 2012 bis 2014 geschrumpft war. Für heuer erwartet die EU-Kommission einen Anstieg des Bruttoinlandsprodukts von 2,9 Prozent und damit im Ausmaß von 2016. Für 2018 wird mit einem Wirtschaftswachstum von 2,6 Prozent gerechnet. Die Lage am Arbeitsmarkt verbessert sich, die Arbeitslosenraten sind aber noch immer hoch. Die Arbeitslosenrate lag 2015 bei 16 Prozent, für 2018 erwartet die EU-Kommission 9,7 Prozent.

Ein wichtiger Wirtschaftszweig in dem rund 4,2-Millionen-Einwohner-Land ist der Tourismus, der von den Unsicherheiten etwa in der Türkei oder Tunesien profitiert. Die Tourismuseinnahmen haben im Vorjahr einen Rekordwert von mehr als 10 Mrd. Euro erreicht. Der Großteil davon kam laut kroatischem Tourismusministerium mit 8,64 Mrd. Euro von ausländischen Gästen. Bis 2020 will das Mittelmeerland die Einnahmen aus dem Tourismus auf 14 bis 15 Mrd. Euro steigern. Der Tourismus-Anteil am Bruttoinlandsprodukt (BIP) betrug im Vorjahr rund 19 Prozent. Zum Vergleich: In Österreich sind es rund 7 Prozent. (APA, 14.5.2017)