Bregenz – Es muss nicht immer Mainau sein. Als Alternative zum Muttertagsausflug auf die propere Bodenseeinsel empfiehlt sich eine Reise mit makemake produktionen: Das Wiener Theaterkollektiv realisierte mit dem Vorarlberger Landestheater einen Bilderbogen aus Judith Schalanskys Atlas der abgelegenen Inseln. Vom Pazifik zum Persischen Golf hoppen die 15 Beispiele, die Regisseurin Sara Ostertag aus Schalanskys Fundus ausgewählt hat, und auch die Zeitspanne der Geschichten ist groß: Wenn die Erzählerin (Michèle Rohrbach) "ich" sagt, kann das der Kartograf August von Fligely sein, nach dem 1874 der nördlichste Punkt der Rudolf-Insel benannt wurde. Oder der letzte Hausbesitzer auf der Holland Insel, die seit 2013 unter Wasser liegt.

Auf Christian Schlechters reduzierter Landkartenbühne mit zwei Musikern auf einem Podest im Hintergrund künden Inselgeschichten vom Entdecken wie vom Verschwinden: Seit ihrem Anflug auf die Howlandinsel fehlt jedes Lebenszeichen von der Pilotin Amelia Earhart; ebenfalls aus den 1930er Jahren rührt das mysteriöse Abtauchen der selbsternannten Kaiserin von Galapagos. Zum Bericht über Earhart sinkt kopfüber ein Pappschachtelflugzeug, und die aus der Schweiz stammende Michèle Rohrbach singt am Retrostandmikro das himmlische, kleine Kultchanson Campari Soda ("Es isch, als gäb's mich nüme meh"). Zu historischen Filmaufnahmen der österreichischen Aussteigerin und Inselkaiserin wiederum spielt's Pale Blue Eyes, die Sängerin flankieren zwei Liebhaber, verkörpert von den Musikern.

Denn nicht nur die Instrumente von Samuel Eder (Klarinette) und Zuko Samela (Viola) sind wandlungsfähig, wenn etwa die Klappen des Blasinstruments zu Morsetasten werden. Die Interpreten von Hannes Dufeks Bühnenmusik sind auch als Darsteller begabt: zum Beispiel als Bild- und Tonmeister einer aufgeregten Forschungsreportage auf den Weihnachtsinseln, wo's um das Schicksal der roten Landkrabbe geht.

Die Krabbe (Kostüm: Brigitte Moscon) wird von der belgischen Tänzerin Laura Meuris genauso kunstvoll verkörpert wie der wehrhafte Pinguin oder jenes Vieh, das sich häutet, Plastiksackerl um Plastiksackerl, bis sich eine ungerührte Badenixe im golden glänzenden Einteiler herausschält – dazu bolzt "I! don't! care!" aus den Boxen. So laut wird die ökologische Dimension der Meeres- und Inselthematik nur dieses eine Mal, mitschwingen tut sie immer. Auch wenn Rohrbach und Meuris, in konzentrierter Bewegung, miteinander wortlos um Oberwasser ringen – zwischen Mensch und Natur, Wasser und Land. Eindrucksvoll! (Petra Nachbaur, 13.5.2017)