Lula bereitet sich auch vor Gericht auf sein Politcomeback vor.

Foto: AFP/Instituto LULA/RICARDO STUCKERT

"Willkommen in der Republik Curitiba" – ein meterhoher Aufsteller, der den Ex-Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva in Häftlingskleidung zeigt, empfängt die Besucher am Flughafen der südbrasilianischen Metropole Curitiba. Die Stimmung ist aufgeheizt. Es ist das erste Mal, dass der Linkspolitiker persönlich vor Gericht zu den Korruptionsvorwürfen gegen sich Stellung nehmen muss. Mehr als ein Jahr hat die Staatsanwaltschaft auf diesen Moment hingearbeitet.

Curitiba gleicht einer Festung. Mehrere hundert Anhänger des Ex-Präsidenten haben in der Stadt ihr "Unterstützungscamp" aufgeschlagen. Hunderte Busse, geschmückt mit roten Fahnen, sind aus dem ganzen Land noch auf dem Weg nach Curitiba. Sie sehen in den Ermittlungen gegen Lula eine politische Hetzjagd und wollen eine Verhaftung ihrer Ikone verhindern.

Sie könnten unterschiedlicher nicht sein

Es ist das erste Mal, dass der leitende Ermittler Sérgio Moro – von seinen Anhängern als Brasiliens neuer Hoffnungsträger gefeiert – und Lula, der Volkstribun, persönlich aufeinandertreffen. Doch letztendlich brachte die mit Spannung erwartete Aussage keine Neuigkeiten ans Licht, sie glich vielmehr einem Kräftemessen zwischen zwei Gegnern, die unterschiedlicher nicht sein könnten.

Auf der einen Seite der 44-jährige Moro, dem politischer Ehrgeiz nachgesagt wird und der mit seinen Auftritten zur Hassfigur der Linken avanciert ist. Seine konservativen Anhänger versuchen den Juristen von einer Kandidatur bei der Präsidentenwahl im kommenden Jahr zu überzeugen. Ihm gegenüber der 71-jährige Lula, ehemaliger Gewerkschaftsführer und Polithaudegen, der derzeit eine Renaissance unter den Linken in Lateinamerika feiert.

"Politisch verfolgt und massakriert"

Er werde seit zwei Jahren "politisch verfolgt und massakriert", sagte Lula aus. Es gebe keine ernsthaften Beschuldigungen gegen ihn, nur Spekulationen. "Ich dachte, heute legen meine Ankläger Schriftstücke, Zahlungsbelege, irgendeinen Beweis vor. Aber da kam nichts." Die fünf Stunden dauernde Befragung fand hinter verschlossenen Türen statt, es wurden aber Videoaufnahmen veröffentlicht.

In der Tat ging es den Ermittlern um altbekannte Vorwürfe: Lula soll Eigentümer eines Luxusapartments in dem Küstenort Guarujá sein, das er als Gegenleistung für seine Hilfe bei Auftragsvergaben an den Baukonzern OAS erhalten haben soll. Er habe das Apartment zwar besichtigt und "500 Fehler dort festgestellt", betonte Lula. Deshalb habe er es nicht gekauft und sei auch nie wieder dort gewesen.

Erneute Kandidatur verkündet

"Bevor ich euch anlüge, lasse ich mich lieber von einem Bus in irgendeiner Stadt in diesem Land überfahren", sagte Lula später vor seinen Anhängern zu den Anschuldigungen. Er bereite sich jetzt auf die Präsidentschaftskandidatur im nächsten Jahr vor. "Niemals hatte ich so große Lust darauf wie heute", rief er aus.

In aktuellen Umfragen liegt Lula mit 30 Prozent Zustimmung weit vor seinen möglichen Herausforderern. Lula trat zusammen mit seiner Nachfolgerin Dilma Rousseff auf, die genau vor einem Jahr am 12. Mai durch ein hochumstrittenes Verfahren aus dem Amt gehoben wurde. Ende August 2016 wurde offiziell ihr ehemaliger Vizepräsident Michel Temer von der rechtsliberalen PMDB als Präsident vereidigt. Rousseff spricht nach wie vor von einem "Putsch". (Susann Kreutzmann, 11.5.2017)