Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer: "Am Sonntag ist der Parteivorstand, und dann können wir hoffentlich eine neue, stabile Führung präsentieren."

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STANDARD: Hat Sie der Rücktritt von Reinhold Mitterlehner als ÖVP-Bundesparteichef überrascht?

Stelzer: Also, der Zeitpunkt hat mich schon überrascht. Ich habe in letzter Zeit einige Gespräche mit ihm geführt und daher seine Gemütslage gut gekannt.

STANDARD: Mitterlehner ist ebenfalls Oberösterreicher. Ist das die ...

Stelzer: ... Verbindung, die es zwischen Bundesobmann und Länderchef geben muss. Aber natürlich haben wir Oberösterreicher einen besonderen Bezug zu ihm.

STANDARD: Wenn man die letzten Tage und Wochen betrachtet, war Mitterlehner in der Partei doch schon abgeschrieben.

Stelzer: Der Koalitionspartner SPÖ muss sich ebenso fragen, wie ein so ausgewiesener Großkoalitionär wie Mitterlehner so weit gebracht wird, dass er zurücktritt.

STANDARD: Die SPÖ ist also mitschuldig an seinem Scheitern?

Stelzer: Mit Sicherheit. Denn der Erste in der Regierung ist auch immer der Klimamacher, ist verantwortlich, ob genügend weitergeht, ob es miteinander passt.

STANDARD: In seiner Erklärung hat Mitterlehner auch die Querschüsse aus der ÖVP beklagt.

Stelzer: Ich wasche die ÖVP nicht rein. Es gibt einiges zum Aufarbeiten. Wir müssen nachdenken, wie das Miteinander in der ÖVP bundesweit funktioniert oder wie es funktionieren soll.

STANDARD: Zum Nachdenken sollte bringen, dass die ÖVP in zehn Jahren vier Obleute verbraucht hat. Ist die Partei nicht zu führen?

Stelzer: Ich glaube schon, dass die ÖVP sich gut aufstellen kann. Wir haben nur keine leichte Situation. Wir sind die Nummer zwei in der Regierung und bekommen keine berauschenden Umfragewerte serviert. Die Landesparteien müssen ein Interesse daran haben, dass es dem Bund gutgeht, denn sonst sind gute Länderergebnisse auf Dauer nicht zu erzielen.

STANDARD: Gehört vielleicht die Struktur der Partei geändert?

Stelzer: Wir können gerne über alles nachdenken. Ich kann nur sagen, zum Beispiel unter Kanzler Wolfgang Schüssel hat genau dieses System blendend funktioniert. Es hat auch damit zu tun, wie wird das Miteinander gestaltet, und wie wird diese Partei geführt.

STANDARD: Soll Außenminister Sebastian Kurz übernehmen?

Stelzer: Klar ist: Kurz ist unser Star. Er ist sehr begabt, und es läuft vieles auf ihn hin. Er ist in der Lage, die ÖVP gut zu führen.

STANDARD: Kurz sagte, er würde die ÖVP im derzeitigen Zustand nicht übernehmen wollen.

Stelzer: Am Sonntag ist der Parteivorstand, und dann können wir hoffentlich eine neue, stabile Führung präsentieren.

STANDARD: Wann wird gewählt?

Stelzer: Die Regierung soll ihren Auftrag erfüllen. Allerdings machen wir uns schon Gedanken, wenn Spitzenvertreter der SPÖ ausrücken und den Außenminister quasi in Grund und Boden schießen wollen, und am nächsten Tag bietet die SPÖ ihm dann eine Reformpartnerschaft an.

STANDARD: Sie trauen der SPÖ nicht?

Stelzer: Vertrauensbildende Maßnahmen sehen anders aus.

STANDARD: Aus taktischer Sicht wären rasche Wahlen für einen neuen Parteichef doch auch besser.

Stelzer: Jetzt ist wichtig, dass wir eine neue Parteiführung finden. Die Menschen sind daran interessiert, dass regiert wird – und nicht an taktischen Spielchen.

STANDARD: Sie haben in Oberösterreich Schwarz-Blau. Wäre das auch etwas, das Sie sich auf Bundesebene vorstellen könnten?

Stelzer: Bei uns funktioniert es im Land, weil auch die Personen miteinander können. Deshalb kann man ein Modell nicht eins zu eins auf eine andere Ebene übertragen. Es gibt momentan eine Partnerschaft zweier Parteien im Bund – alles andere wird sich nach einer nächsten Wahl zeigen. (Peter Mayr, 11.5.2017)