Südkoreas neuer Staatschef Moon Jae-in jubelt im Kreis seiner Anhänger. Bei der Präsidentschaftswahl 2012 war er noch an Park Geun-hye gescheitert.

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Chinas Xi Jinping gratulierte als einer der ersten Staatschefs dem neu gewählten südkoreanischen Staatspräsidenten Moon Jae-in. Schon am Morgen veröffentlichte die Agentur Xinhua seinen Glückwunsch an den mit 64 Jahren gleichaltrigen Moon. "China und Korea sind wichtige Nachbarn", sagte Xi. "Von Anfang an habe ich Südkorea und die chinesisch-südkoreanischen Beziehungen mit Hochachtung betrachtet."

Wenige Tage zuvor lagen die Beziehungen noch auf Grundeis. Seoul, so lautete der Vorwurf, hätte den USA trotz aller Pekinger Warnungen erlaubt, die ersten beiden Raketenbatterien des US-Raketenabwehrsystems Thaad in Südkorea zu installieren, die Nordkoreas Geschoße abfangen sollen. Chinas Außenminister Wang Yi verlangte zornig, die Aufstellung sofort wieder rückgängig zu machen.

Erfreut vernimmt Peking nun entgegenkommende Töne des neuen Präsidenten Moon, der schon im Wahlkampf die Aufstellung von Thaad bedauert hatte. In seiner ersten vom Fernsehen übertragenen Rede sagte er, "mit China und den USA darüber ernsthaft sprechen" zu wollen. Er könnte, wenn es nötig ist, jederzeit nach Washington fliegen. Und auch für Pjöngjang hatte er eine konziliante Botschaft: Er würde unter den "richtigen Bedingungen" Nordkorea besuchen.

Das ist verbal ein Wandel, wie ihn sich Nordkorea schon einen Tag vor der Wahl gewünscht hatte. Die Parteizeitung Rodong Sinmun rief am Montag Südkorea zum Ende der Konfrontation auf. Die "tragische" Verschlechterung der Beziehungen ginge auf das Konto der "zehnjährigen Herrschaft der konservativen Regierungsparteien Südkoreas". Unter Moon, dem Kandidaten der linksliberalen Demokraten, sollte "die Konfrontation ein Ende finden und einer neuen Ära unserer Zusammenarbeit weichen".

Konfrontationskurs der Kims

Solche Worte allein dürften beim Menschenrechtsanwalt Moon nicht ziehen. Doch er machte im Wahlkampf keinen Hehl daraus, dass er den früheren Kooperationskurs der "Sonnenscheinpolitik" noch immer für richtig hält. Moon war einst enger Vertrauter von Ex-Präsident Roh Moo-hyun, der von 2003 bis 2008 das Verhältnis zu Nordkorea über Direktkontakte, Hilfe und Austausch zu verbessern suchte.

Nordkorea trug die Schuld für das Scheitern der Sonnenscheinpolitik. Mit seinen fünf Atombombentests seit 2006, mit dutzenden Raketenabschüssen und mit seinem Ausstieg aus dem Atomwaffensperrvertrag und den Pekinger Sechs-Parteien-Gesprächen ging das Regime der Kims auf Konfrontationskurs und provozierte immer schärfere UN-Sanktionen.

Chinas Führung verfolgt nach dem Wahlsieg von Moon ihr eigenes Kalkül. Sie stellt ihn vor eine harte Prüfung. Die populistische Parteizeitung Global Times verlangte, dass eine neue Regierung in Südkorea die Initiative zum Abbau des Thaad-Systems ergreifen müsse, um "die bilateralen Beziehungen wieder zu reparieren." Peking unterstellt, dass die USA mit dem System Chinas Raketenarsenal ausspionieren lassen. Im Streit darüber nahm Peking Südkoreas Wirtschaft, Tourismus und Kultur in Sippenhaft. Unternehmen wurden von Ende Februar an von den Behörden schikaniert. Aufgehetzte Patrioten riefen nach Wirtschaftsboykotten.

Die USA geraten ins Hintertreffen. Sie setzten bisher auf eine Mischung aus Sanktionen, Drohungen und Gesprächsangeboten, um Nordkorea von seiner atomaren Aufrüstung abzubringen und an den Verhandlungstisch zu holen. Doch solange Machthaber Kim Jong-un keinen neuen Atombombentest unternimmt, der die USA und China zum Handeln zwingen würde, kann er abwarten, wie weit ihm Moon entgegenkommt. Eine Neuauflage der alten Sonnenscheinpolitik durch Moon würde die USA in Ostasien in den Schatten stellen. (Johnny Erling aus Peking, 10.5.2017)