Irmgard Griss in "Im Namen des Volkes" auf Puls 4. Hier zum Nachsehen.

Foto: puls 4/screenshot

Demokratisch erfrischend können Gerichtssituationen sein – in ihnen regieren Argumente, sie sind Feste des Rechtsstaats. Und wer der Wahrheit den richterlichen Weg zum Licht der Gerechtigkeit weist, ist Hüter zivilisatorischer Würde. Schrumpften Verhandlungen, wie bei "Im Namen des Volkes" auf Puls 4 mit Ex-Präsidentschaftskandidatin Irmgard Griss als Richterin, zur Showsimulation realer Verhältnisse, begegnet das Richteramt jedoch unfreiwillig seiner Karikatur.

Griss, die einst den Wahlkampf bereicherte, sagt Sätze wie "Haben Sie noch Fragen?" oder "Bitte nehmen Sie Platz" oder auch "Kommen Sie nach vor" und gerne auch "Sie haben das Wort". Meist sagt Griss jedoch gar nichts, auf Puls 4 drängt sich plötzlich eine Vermisstenanzeige auf ... Mit Sätzen wie "Wir haben Zeugen gehört" oder "Wir haben Videobeweise gesehen" taucht sie wieder auf und hält ein Taferl mit dem Wort "Ja" hoch: Anwältin Seyran Ates (gegen Kopftuch) und Philosophin Amani Abu Zahra (für Kopftuch) hatten sich einen munteren Schlagabtausch geliefert. Er führte zur Umfrage bei 500 Personen, und 80 Prozent stimmten für ein Kopftuchverbot an Schulen.

Nach dem Ergebnis, das wie ein populistischer Unfall wirkte, muss bei Griss endlich Unbehagen aufgekommen sein. Im Schlusswort schwang Entschuldigendes mit: Keinesfalls dürfen diese 80 Prozent als Aussage "gegen muslimische Mitbürger" gesehen werden. Ups. Sicher ist: Solche Auftritte zwischen Selbstverleugnung und Unterforderung verbrauchen Imagekapital (Griss schließt eine Rückkehr in die Politik ja nicht aus). Und das vorhandene Potenzial eines gerichtlich getarnten Diskussionsformats ist so nicht zu heben. (Ljubiša Tošić, 8.5.2017)