Die Kärntner slowenische Sprachwissenschafterin und Literaturhistorikerin Katja Sturm-Schnabl erinnerte an die Deportation der Kärntner Slowenen vor 75 Jahren durch das NS-Regime.

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Wien – Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) hat in einer Rede anlässlich des 72. Jahrestags der Befreiung vom Nationalsozialismus am Montag vor dem Erstarken einer neuen Rechten gewarnt, die lediglich aus den alten Rechtsradikalen in neuem Gewand bestehe. Dabei zeigte sich Kern auch besorgt über den Anstieg rechtsextremer Straftaten. "Die Fratze des Rassismus und Antisemitismus" zeige sich vermehrt "in ungeschminkter Form".

Im Beisein der Regierungsspitze und von Bundespräsident Alexander Van der Bellen hielt die Kärntner Slowenin Katja Sturm-Schnabl im Bundeskanzleramt eine Festrede, in der sie über die Deportation von Kärntner Slowenen vor 75 Jahren durch das NS-Regime sprach. Die 81-Jährige erinnerte dabei an den Umgang mit Bauern, die zu Staats- und Volksfeinden erklärt und gezwungen wurden, ihre Höfe an deutsche Aussiedler aus Italien zu übergeben. Wer sich dem nicht gebeugt habe oder wem die Flucht nicht gelang, sei im Konzentrationslager umgekommen. Auch ihre Schwester wurde zum Opfer der Nationalsozialisten.

Mitterlehner fordert aktive Erinnerungskultur

Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) sprach von einem "Tag der Verantwortung". Österreich habe sich zu lange Zeit gelassen, mit der "Opferrolle, aber auch mit den Heldenmythen der Nachkriegsjahre aufzuräumen".

Kern und Mitterlehner verbindet die Ansicht, dass die EU das wirksamste Mittel gegen Nationalismus sei. Auch das Ergebnis der französischen Präsidentschaftswahl sei als Zeichen der Offenheit und Toleranz zu werten, sagte Kern.

Strache betont österreichische Verantwortung

FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache erinnerte in einer Aussendung am Montag an die Verpflichtung eines jeden Demokraten, "jegliche Tendenzen von Extremismus und Fundamentalismus zu bekämpfen". Des Weiteren wies Strache auf die besondere Verantwortung Österreichs bezüglich antisemitischer Tendenzen hin.

Grünen-Chefin Eva Glawischnig sieht den 8. Mai "auch als Anregung, darüber nachzudenken, wie den besorgniserregenden antidemokratischen Tendenzen in unserer Gesellschaft entgegenzuwirken ist". Um das Geschichtsbewusstsein bei Schülern zu stärken, solle Zeitgeschichte an Schulen intensiver unterrichtet und Politische Bildung zum Pflichtfach gemacht werden.

Fest der Freude auf dem Heldenplatz

Für 19.30 Uhr war auf dem Wiener Heldenplatz das "Fest der Freude" geplant, veranstaltet vom Mauthausen-Komitee Österreich und in Anwesenheit der Holocaust-Überlebenden Lucia Heilmann. Neben Ansprachen von Kanzler Kern und Vizekanzler Mitterlehner stand dabei auch das traditionelle Gratiskonzert der Wiener Symphoniker mit Werken von Felix Mendelssohn Bartholdy und Ludwig van Beethoven auf dem Programm. (au, APA, 8.5.2017)