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Am Montag gedachten Präsident Francois Hollande und sein designierter Nachfolger Emmanuel Macron des Endes des Zweiten Weltkriegs vor 72 Jahren

Foto: Reuters/Philippe Wojazer

Letzten Endes lagen die Umfrageinstitute richtig: Der Parteilose Mitte-Kandidat Emmanuel Macron setzte sich in der französischen Präsidentenstichwahl doch sehr deutlich gegen die Rechtsnationalistin Marine Le Pen durch und kam laut Endergebnis auf 66,1 Prozent der Stimmen. Der Sieger erklärte in einer Stellungnahme am Sonntagabend, in der langen französischen Geschichte werde jetzt "ein neues Kapitel" aufgeschlagen. Und er gelobte, alles zu tun, damit dieses neue Kapitel "voll von Hoffnung und wiedergefundenem Vertrauen" sein werde. "Ich werde Frankreich verteidigen. Ich werde Europa verteidigen."

In feierlichen Worten richtete er sich auch an Le Pens Wähler und erklärte: "Ich weiß um die Wut, die Angst und die Zweifel." Deshalb wolle er "die Schwächsten schützen". Dem Terrorismus sagte er den Kampf an.

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In den ersten Reaktionen kam die allgemeine Erleichterung über die Niederlage der Populistin Le Pen zum Ausdruck. Erst an zweiter Stelle genannt wurde der Erfolg des Proeuropäers Macron.

"Der Jüngste seit Napoleon"

Dabei ist der erst 39-Jährige ein Novum für Frankreich. Der TV-Sender France-2 präsentierte ihn am Sonntagabend als "Frankreichs jüngsten Staatschef seit Napoleon". Seine Wahl bedeutet für die Pariser Politik eine Frischzellenkur, denn auch bei der Parlamentswahl im Juni will seine Bewegung En Marche mit vorwiegend neuen Gesichtern aus der Zivilgesellschaft antreten. Im Élysée-Palast, aber auch im Regierungssitz Hôtel Matignon und in der Nationalversammlung steht damit eine Zeitenwende an.

Macron feierte seinen Wahlsieg am Abend im großen Innenhof des Louvre-Museums. Dort bedankte er sich bei seinen Unterstützern, sprach aber auch von Respekt gegenüber den Wählern Le Pens. Er werde in den nächsten fünf Jahren "alles tun, damit sie nie wieder Extremisten wählen müssen". Europa und die Welt "schauen auf uns", rief Macron seinen Anhängern zu. "Sie erwarten von uns, den Geist der Aufklärung zu verteidigen, der an so vielen Orten bedroht ist."

Mehrmals sprach er die "enormen" und "schwierigen" Aufgaben an, die vor ihm und Frankreich liegen würden: "Unsere Aufgaben sind enorm, sie beginnen morgen und erfordern das Engagement jedes Einzelnen." Es werde nicht einfach werden, aber "euer Mut wird mich tragen, ich werde für euch kämpfen, um das Leben des Einzelnen zu verbessern", sagte Macron nach seinem Wahlsieg.

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Pariser Kommentatoren sahen in der modernen Kulisse der Louvre-Pyramide ein Symbol für den Erneuerungswillen einer alten Nation. Der linke Leitartikler Laurent Joffrin mahnte allerdings, die Pyramide sei aus Glas – Zeichen eines "schönen, aber fragilen Wahlsiegs".

Fragil ist er, weil die Wahlbeteiligung mit knapp 75 Prozent fünf Prozentpunkte niedriger als bei früheren Präsidentenwahlen lag. Zudem stimmten über vier Millionen Wähler – fast neun Prozent – ungültig beziehungsweise weiß. Das zeugt doch von verbreiteter Skepsis gegenüber Macrons Programm.

Emmanuel Macron konnte sich bei der Stichwahl durchsetzen und wird neuer Präsident Frankreichs.
Foto: APA/AFP/PATRICK KOVARIK

Der neue Präsident wird sein Amt schon am kommenden Sonntag mit einer feierlichen Stabsübergabe durch François Hollande antreten. Noch diese Woche will er die Liste seiner Kandidaten für die Parlamentswahl erstellen. Laut ersten Umfragen könnte er mit En Marche die absolute Mehrheit der Sitze knapp verpassen. Präsidiale Vorschläge wären damit nur noch schwer durchsetzbar. Die seit der Gründung der Fünften Republik im Jahr 1958 dominierenden Großparteien – Konservative und Sozialisten – sind allerdings nur noch ein Schatten ihrer selbst. Aufwind verspüren hingegen die Links- und Rechtspopulisten.

"Erste Oppositionskraft"

Marine Le Pen beglückwünschte den Sieger und wünschte ihm Erfolg. Die Vorsitzende des Front National kündigte im Fernsehen an, ihre Partei werde in den nächsten Jahren die "erste Oppositionskraft" sein.

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Die Zunahme ihrer Stimmen im Vergleich zu früheren Präsidentschaftswahlen ist spektakulär. Darin zeigt sich, wie stark die Rechtspopulisten in Frankreich geworden sind. Seit den Regionalwahlen von 2015 ist der Front National sogar die nominell stärkste Partei Frankreichs. Trotzdem erzielte Le Pen letztendlich ein für sie sehr enttäuschendes Resultat. Laut den Umfragen der letzten zwei Wochen hätte sie eigentlich mit mehr als 40 Prozent der Stimmen rechnen können.

In den ersten Tagen nach der "Qualifikationsrunde" vor zwei Wochen hatte sie dem unerfahrenen Macron sogar noch die Wahlkampfmeisterin gezeigt. Doch ihre Nerven hielten dann doch nicht bis zum Schluss: Im entscheidenden letzten TV-Duell trat sie zu aggressiv auf, und auch die angeblich russische Hackerattacke auf Macrons Wahlkampfteam schadete zuletzt eher ihr, da sich viele Franzosen solche Manipulationsversuche von außen nicht gefallen lassen wollen.

Am Sonntag musste die unterlegene Kandidatin dann von ihrem eigenen Vater Kritik einstecken: "Sie hat Charakter, daran fehlt es ihr nicht", erklärte der von ihr aus der Partei geworfene FN-Gründer. "Aber man braucht auch andere Qualitäten." Das Kriegsbeil im Front National ist nicht so schnell begraben. (brä, red, 7.5.2017)