Eine Baustelle an der S6 beim Knoten Bruck an der Mur: Weiß die Asfinag nicht, was Bauleistungen kosten?

Foto: APA/BKA/ Andy Wenzel

Die Untersuchungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft gegen große österreichische Baukonzerne, die beim Straßenbau der Preisabsprachen verdächtigt werden, ist – wie mein Kollege Andreas Schnauder schreibt – tatsächlich nur zu begrüßen. Der mutmaßliche Schaden von 100 Millionen Euro für den Steuerzahler ist bedeutsam – auch wenn er sich über sieben Jahre erstreckt und nur einen Bruchteil der Milliardeninvestitionen der Asfinag in dieser Zeit darstellt.

Allerdings ist zu hoffen, dass nicht nur die Bauunternehmen unter die Lupe genommen werden, sondern auch die Rolle der Asfinag. Denn ist es wirklich glaubwürdig, dass der bei weitem größte Straßenbauer und -erhalter dieses Landes nichts gemerkt hat, wenn er über viele Jahre Opfer von Preisabsprachen geworden ist? Weiß die Asfinag etwa nicht, was Bauleistungen kosten sollen? Kann sie nicht konkurrierende Angebote aus dem Ausland einholen, wenn sie Verdacht schöpft?

Eine fragwürdiges Bild

Das Bild von den gierigen Bauunternehmen und der übertölpelten Asfinag ist fragwürdig. Ich will den Asfinag-Managern überhaupt kein Fehlverhalten unterstellen. Aber die Realität der meisten öffentlichen Ausschreibungen in Österreich – so wie fast überall in der Welt – ist, dass sehr wohl gepackelt wird, nämlich zwischen Auftraggebern und bestimmten Anbietern.

In Ausschreibungen werden meist Kriterien hineingeschrieben, die nur von wenigen Anbietern erfüllt werden können, und manchmal wird so formuliert, dass der Sieger bereits im Vorhinein feststeht. Damit aber nicht jede Ausschreibung angefochten wird, wird der Auftrag dann von dem, der den Zuschlag erhalten hat, mit den Verlierern geteilt. So wird der Markt unter den Mitbewerbern aufgeteilt und übertriebener Preiswettbewerb vermieden.

Der Preis von Billigangeboten

Warum machen Beschaffungsmanager der öffentlichen Hand oder in staatlichen Unternehmen bei diesem Spiel mit? Sie wissen, dass sie bei einem echten Wettbewerb niedrigere Preise erzielen könnten, aber der hätte auch seinen Preis. Billigangebote werfen in der Durchführung Probleme auf, weil die Margen zu knapp kalkuliert sind und die Kosten aus dem Ruder geraten. Wer immer vor der Insolvenz der Alpine Bau 2013 Aufträge vergab, weil sie günstiger als die der Konkurrenz war, hat das danach meist bereut.

Öffentliche Körperschaften und Staatsunternehmen sind auch nicht unbedingt daran interessiert, dass neue Mitbewerber aus dem Ausland in den Markt eintreten. Da kennt man die Leute und die Unternehmenskultur nicht. Es ist viel angenehmer, mit den bekannten Platzhirschen wie Strabag und Porr zu arbeiten. Aber weil nach EU-Regeln und Vergabegesetzen international ausgeschrieben werden muss, entsteht ein großer Anreiz zu informellen Kooperationen – und das auch dann, wenn keine Korruption im Spiel ist.

Jobs sollen zu Hause bleiben

Dass führt zu gewissen Aufschlägen auf die Preise, und daraus entsteht der Schaden für den Steuerzahler, den nun die Politik beklagt. Aber die gleichen Politiker warnen vor Preisdumping und fordern, dass Aufträge im eigenen Land bleiben und hier die Arbeitsplätze sichern – Wünsche, die wirklich korrekt ablaufende Vergaben nicht immer erfüllen können.

Auch aus der ersten Reaktion zu schließen, ist der Asfinag die Untersuchung gegen das Baukartell nicht unbedingt recht. Aber dass die Staatsanwaltschaft tatsächlich den gesamten öffentlichen Beschaffungsvorgang unter die Lupe nimmt, ist unwahrscheinlich. Eher ist zu erwarten, dass – wenn in konkreten Fällen Preisabsprachen nachgewiesen werden können – den Bauunternehmen heftige Strafen auferlegt werden, die diese sich über zukünftige Aufträge wieder hereinholen. Aber an der Praxis der Ausschreibungen wird sich wohl nichts ändern. (Eric Frey, 7.5.2017)