Mit spanischer Haltung und Leidenschaft: Israel Galván de los Reyes gilt als der experimentierfreudigste Flamencotänzer.

Foto: Rubén Camacho

St. Pölten – Mit Israel Galván hat der Flamenco gewissermaßen seinen Picasso gefunden. Einen Künstler also, der es schafft, in einem einzigen Bild mehrere Perspektiven zu vereinen. Bei Galván ist es das "Bild" vom traditionellen Flamenco als Tanz und Musik.

Das Festspielhaus St. Pölten hatte den 44-jährigen Bailaor, der 1998 seine erste eigene Compañia gründete und seither für seine experimentierfreudigen Darbietungen mehrfach ausgezeichnet wurde, bereits des Öfteren zu Gast. Nun hat er im Verlauf einer "artist residency" am Haus ein neues Werk produziert, das dort am Samstag einmalig als Uraufführung gezeigt wird: La Fiesta / Das Fest.

Flamencofamilie

Galván ist in Sevilla geboren, stammt aus einer Flamencofamilie und hat alles, was zu dieser andalusischen Kultursingularität gehört, gleichsam mit der Muttermilch aufgesogen. Was macht ein überragendes Talent in einem solchen Fall? Es begehrt entweder gegen das Familienerbe auf, oder es bringt dieses auf zuvor kaum vorstellbare Ebenen.

Hier hatte das Erbe Glück, und durch den unruhigen Virtuosen erschließen sich dem – stets vom eigenen Klischee bedrohten – Flamenco neue Darstellungsformen. Denn Israel Galván ist es gelungen, diesem Tanz unerwartete künstlerische Darstellungsformate abzutrotzen, die weit über die beliebten Konzerte und dazu passenden Auftritte weiblicher und männlicher Kapazitäten hinausgehen.

Intensiver Kontakt zu Musikern

Dabei werden die Haltung, der Stolz und die Leidenschaft des Flamenco nicht konterkariert. Wohl aber bringt Galván Inhalte und – wie schon beim skandalumwitterten Stück Lo Real / Le Réel / The Real (2013) – Ironie ein. Er hält intensiven Kontakt zu den Musikern und Sängern auf der Bühne und leistet sich verspielte Ausritte, die andere nicht wagen würden.

Galvàn schafft es, den streng vertikal getanzten Flamenco zu kippen oder gar "flachzulegen", er experimentiert mit riskanten Situationen, absurden Momenten oder widerständigen Objekten. Das mutet mitunter wie eine Kommunikation zwischen Tanz und Tänzer an – eine Performance, die das Publikum mitreißt. In diesem Sinn könnte nun La Fiesta / Das Fest zu einer Quintessenz des Galván'schen Langzeitversuchs werden. (Helmut Ploebst, 5.5.2017)