Das US-Repräsentantenhaus hat in einem neuen Anlauf für einen Umbau des amerikanischen Gesundheitssystems gestimmt und Präsident Donald Trump damit zu seinem bisher größten Erfolg in der Gesetzgebung verholfen. Trump hatte sich schon im Wahlkampf auf die Abschaffung von Obamacare eingeschossen, mit der 20 Millionen Amerikaner über eine in den USA bis dahin unübliche Versicherungspflicht erstmals eine Krankenversicherung bekamen.

Im Repräsentantenhaus war Trump mit seinem Vorhaben im März das erste Mal gescheitert, weil er auch in seiner eigenen Partei nicht genug Stimmen für das Ende von Obamacare zusammenbekam.

Die wichtigsten Fragen zum Votum und den Änderungen:


Wurde Obamacare mit der Abstimmung im Kongress am Donnerstag abgeschafft?

Bild nicht mehr verfügbar.

Knappe Abstimmung im Repräsentantenhaus am Donnerstag.
Foto: Reuters

Nein. Das neue Gesetz nahm mit der Abstimmung am Donnerstag mit 217 zu 213 Stimmen nur knapp die erste Hürde. Der Gesetzesentwurf geht nun an den Senat, wo er voraussichtlich zahlreiche Änderungen durchlaufen wird. Erst wenn diese zweite Kongresskammer zustimmt, kann der Präsident das Gesetz unterschreiben, womit es in Kraft tritt. Das ist jedoch alles andere als gewiss: In der 100 Sitze umfassenden Kammer haben die Republikaner nur eine hauchdünne Mehrheit. Manche republikanische Senatoren, zumal solche aus politisch hart umkämpften Bundesstaaten, befürchten, bei den Wahlen im Herbst 2018 vom Wähler bestraft zu werden, falls sie ein Gesetz absegnen, das die staatlichen Zuschüsse für das Gesundheitssystem massiv zurückfährt.

Mit Blick auf die nun noch notwendige Zustimmung im Senat sagte Trump jedoch, er sei vollkommen zuversichtlich, dass der Gesetzesentwurf angenommen und Obamacare abgeschafft werde: "Wir werden es zur Strecke bringen, und dann werden wir uns einer Menge anderer Dinge zuwenden."


Welche Teile des "Affordable Care Act" sollen durch die Gesetzesänderung gänzlich abgeschafft werden?

Bild nicht mehr verfügbar.

Der Versicherungszwang könnte fallen.
Foto: REUTERS/Kevin Lamarque

Der Versicherungszwang wird abgeschafft: Bisher mussten Menschen, die es sich leisten konnten, eine Gesundheitsversicherung abschließen. Dieser Teil von Obamacare wird abgeschafft. Stattdessen müssen Menschen, die länger als 63 Tage keine Krankenversicherung hatten, künftig eine 30-prozentige Pönale auf ihre Beiträge zahlen. Auch der Versicherungszwang für größere Firmen, die durch Obamacare verpflichtet wurden, ihre Angestellten zu versichern, fällt zur Gänze weg.

Steuervergünstigungen, die es unter Obamacare für Selbstbehalte gab, fallen im neuen Gesetzesvorschlag ab 2020 weg. Gleichzeitig werden Steuererhöhungen, die es für die Finanzierung von Obamacare gab, abgeschafft.


Was wird verändert?

Bild nicht mehr verfügbar.

Obamacare verpflichtete die Versicherungen, Gelder für "Essenzielles", etwa für Entbindungen und Notfallversorgung, bereitzustellen. Diese Standards könnten fallen.
Foto: REUTERS/Mike Blake
  • Kostenlimits: Unter Obamacare durften Versicherer keine Kostenlimits für die Behandlungskosten setzen. Unter Trumpcare können Bundesstaaten künftig Versicherungen gestatten, dass sie solche Limits für Behandlungskosten zulassen.
  • Teuerungen für Ältere: Versicherungen durften bisher von älteren Menschen bis zu dreimal so viel verlangen wie von jüngeren Versicherten. Nun dürfte der Betrag fünfmal höher sein. Einzelne Staaten sollen aber auch noch höhere Spannen erlauben dürfen.
  • Chronische Krankheiten: Versicherer sollen von Menschen, die bereits an chronischen Krankheiten leiden, wieder höhere Beiträge verlangen dürfen als von Gesunden. Abgefedert werden soll das durch einen Fonds in Höhe von acht Milliarden Dollar über fünf Jahre, mit dem der Staat unversicherte chronisch Kranke unterstützen soll – ein besonders strittiger Punkt, der zu jenen zählt, die sich in der Senatsversion noch ändern könnten.
  • "Essenzielles": Obamacare verpflichtete die Versicherungen, Gelder für "Essenzielles", etwa für Entbindungen und Notfallversorgung, bereitzustellen. Das soll nicht mehr der Fall sein: Einzelne Staaten können eigene, niedrigere Standards festlegen.

Was bleibt von Obamacare erhalten?

Obwohl sie gegen die Änderungen protestieren, sollen diese beiden Kinder weiterhin bis zum Alter von 26 Jahren bei ihren Eltern mitversichert werden dürfen.
Foto: AFP PHOTO / Mark RALSTON

Kinder und junge Erwachsene sollen im Bedarfsfall weiterhin bis zum Alter von 26 Jahren bei ihren Eltern mitversichert sein dürfen.


Wie viele Amerikaner wären von den Änderungen betroffen?

Millionen US-Bürger könnten durch Trumcare ihre Krankenversicherung verlieren.
Foto: AFP PHOTO / Brendan Smialowski

Das überparteiliche Haushaltsbüro des Kongresses hatte für den ersten Entwurf berechnet, dass 14 Millionen Amerikaner innerhalb eines Jahres ihre Krankenversicherung verlieren würden. Bis 2026 würde diese Zahl auf 24 Millionen steigen. Über die aktuelle Gesetzesvariante ließen die Republikaner abstimmen, bevor das Büro neue Berechnungen vorlegen konnte. (red, 5.5.2017)