Das Gebäude, dessen Entstehung ins 19. Jahrhundert zurückreicht, wurde saniert und das Dachgeschoß ausgebaut. Zwei Geschäftslokale im Erdgeschoß blieben bestehen.

Foto: PUBA/Stepanek

Der Anblick vor der Sanierung, während der drei Altmieter im Haus blieben.

Foto: PUBA/Stepanek

Grundriss EG

Plan: Wolf Klerings

Grundriss 2. OG

Plan: Wolf Klerings

Fassade und Aufstockung

Plan: Wolf Klerings

Wien – Das Haus in der Grundsteingasse 32 ist eines der ältesten Häuser des Wiener Bezirks Ottakring. Die Privatstiftung zur Unterstützung und Bildung von ArbeitnehmerInnen, kurz PUBA, hat gewusst, worauf sie sich einließ, als sie das Haus erwarb. Architekt Wolf Klerings erinnert sich an die Objektbesichtigung: "Wir, die PUBA und ich, haben uns das Objekt angeschaut und festgestellt, dass es nicht gerade im besten Zustand ist. Aber das war das Reizvolle daran."

"Probiert es über einen Bauträger"

Zur Vorgeschichte: Eine Gruppe von rund 15 Personen suchte längere Zeit nach einem passenden Haus für ihr Konzept "Gemischtes Wohnen". "Wir haben lange Zeit nichts gefunden", beschreibt Christine Stromberger, Obfrau des Vereins Wohnprojekt Grundsteingasse 32, die Ausgangslage. "Wir haben sogar ein Inserat aufgegeben. Nichts hat funktioniert. Die Kerngruppe wollte nur Mietwohnungen, nichts kaufen und möglichst stadtnahe wohnen."

Der entscheidende Tipp kam von Robert Korab aus dem Büro Raum & Kommunikation. "Er meinte: 'Probiert es über einen Bauträger.' Korab hat drei Bauträger eingeladen, von denen er angenommen hatte, dass sie sich für unsere Idee interessieren würden. Einer davon war Michael Gehbauer, damals Vorstand der PUBA, der von unserem Konzept angetan war."

1,1 Millionen Euro an Förderung

Bald darauf war das Haus in der Grundsteingasse 32 gefunden. "Wir sind hineingegangen, es war völlig verwachsen und hat ausgesehen wie ein verwunschenes Hinterhaus irgendwo in Paris. Es hat uns sofort gefallen." Die Sanierungskosten betrugen rund 2,36 Millionen Euro, wovon die Stadt Wien 1,1 Millionen Euro an Förderung zur Verfügung stellte. Architekt Klerings musste genau kalkulieren: "Wir haben versucht, wenige Änderungen vorzunehmen, die bauliche Struktur beizubehalten, nicht alles herauszureißen. Schlussendlich gab es doch Mehrkosten, nicht geförderte Kosten, die von der PUBA übernommen wurden."

Insgesamt wurden 19 Wohnungen errichtet. Während der Sanierung blieben drei Altmieter im Haus. Die sanierten Hoftrakte verfügen jetzt über ein ausgebautes Dach mit Maisonettes.

Brücken über den Hof

Wer heute das Haus betritt, sieht sofort zwei markante gusseiserne Brücken, die sich über den Hof spannen. Im rechten Trakt befindet sich das Stiegenhaus. Und über die Brücken gelangt man in die gegenüberliegenden Wohnungen. "Einmal", so erinnert sich Obfrau Stromberger, "gab es eine Krise, als die Stadt die Förderung gekürzt hatte. Wir haben nämlich auch Leute dabei, die schon genau aufs Geld schauen müssen. Durch die Kürzung der Förderung sind die Mieten, die wir errechnet hatten, plötzlich gestiegen. Da gab es zuerst eine Aufregung, weil manche dachten, der Bauträger will sich bereichern oder der Architekt ist teurer geworden." In Gesprächen zwischen Verein und Bauträger wurde vereinbart, die Weitergabe der Kosten für einige Jahre "einzufrieren".

Klare Worte findet Obfrau Stromberger, wenn es um die Wahrung der Gruppenidentität geht. "Auch ich bin für Durchmischung und gegen Gentrifizierung. Aber es wäre absurd und ein Krampf, wenn man sagen würde, wir suchen jetzt bewusst jemanden, nur damit wir einen Durchmischungs- und Diversitätsanspruch erfüllen. Wenn ich hier wohne, möchte ich bei aller Unterschiedlichkeit, dass wir etwas miteinander anfangen können. Ich glaube nicht, dass das asozial ist. Wir engagieren uns für alles Mögliche, setzen ein Projekt über die Großeltern einer jüdischen Bewohnerin um, wir betreuen Flüchtlinge, und wir nehmen am Leben im Bezirk aktiv teil."

Modus für Nachbesetzungen

Dementsprechend wichtig war es dem Verein, mit dem Wohnservice Wien einen Modus zu finden, wie frei werdende Wohnungen nachbesetzt werden sollen. "Wir als Gruppe hatten immer wieder die Sorge, wie sich die Zuweisung von Wohnungsinteressenten von außen auf den Zusammenhalt und auf die Hausgemeinschaft auswirken wird", erinnert sich die Obfrau. Die Gruppe schlug vor, in solchen Fällen selbst das Wohnprojekt den Interessenten vorzustellen. Eine salomonische Regelung, urteilt Architekt Klerings: "Es wurde nicht nur ein Grundriss einer leeren Wohnung hergezeigt, sondern die Menschen, die schon in dem Wohnprojekt leben, waren anwesend und hatten die Möglichkeit, ihr Konzept vom gemeinschaftlichen Wohnen zu erklären. Und sie konnten gefragt werden!" Und Stromberger ergänzt: "So haben wir Mieter und Mieterinnen gefunden, die in unsere Gemeinschaft gepasst haben. Man muss bei der Wohnungsvergabe eine Form finden, die niemanden diskriminiert. Sonst ist unter Umständen die Idee, die dem gemeinschaftlichen Wohnen und Leben zugrunde liegt, kaputt." (Michael Kerbler, 6.5.2017)