Wien – "Schluss mit Aufgeregtheit – Zukunftsforscher sieht Trendwende", titelte die APA am Mittwoch kurz vor 9 Uhr Früh. Dreieinhalb Stunden später trat der ÖVP-Obmann zurück. Was nun? Der Trendforscher empfiehlt "mehr Gelassenheit durch Yoga, Meditation oder Stressvermeidung". Wie das geht, wenn die Umstände es gerade nicht erlauben, sagte er nicht, vielleicht hat er es aus Aufregung vergessen. Wie auch immer: Ich bin aufgeregt! Und das hat definitiv mit der Zukunft zu tun. Das Ende des Wonnemonats Mai hält nämlich gleich mehrere Serienfortsetzungen bereit, bei denen mein Herze höher schlägt. "Twin Peaks" (21.5.), "Bloodline" (26.5.) und "House of Cards" (30.5.), davon in den nächsten Prie-views mehr. Bis dahin warten aber andere Lustbarkeiten, und zwar in der kommenden Woche wie folgt:

Freitag, 12. Mai: I Love Dick, Amazon
"Lieber Chris, ich bin nicht mehr sicher, ob ich dich noch ficken will." Briefe, die so beginnen, verheißen nichts Gutes. Oder doch? Im Fall von "I Love Dick" befinden wir uns zum Zeitpunkt, da dieser geschrieben wird, bereits mittendrin im Schlamassel. Da hat sich die Romanautorin und gleichzeitig -heldin Chris Kraus (Kathryn Hahn) schon völlig dem leider sehr geilen Kotzbrocken Dick (Kevin Bacon) verschrieben. Das heißt, sie und ihr Ehemann Sylvère (Griffin Dunne) spielen eine heiße Briefaffäre durch, in der einzig das Objekt der Begierde nicht mitspielen will, was die Sache aber umso attraktiver macht. Jill Soloway wirbelt nach "Transparent" ein weiteres Mal die Identitäten der Geschlechter durcheinander. Nach einer Folge mit diesem hinreißenden Ensemble, das Komik und Elend des intellektuellen Daseins genüsslich zerlegt, bleiben die Vorfreude auf mehr und die grundlegende Erkenntnis, dass Cowboy-Boots eine ziemlich scharfe Angelegenheit sein können.

Red Carpet TV Trailers

Freitag, 12. Mai: Anne of Green Gables, Netflix
Meine Erinnerungen an die liebreizende Anne Shirley sind vage und doch sehr lebendig. Es war zu Weihnachten, und dieses stolze, rotschopfige Mägdelein mit den stolzen, schrulligen Pflegeeltern erfasste mein romantisches Wesen zur Gänze. Jetzt hat Netflix eine neue Fassung gedreht und eine Serie daraus gemacht. Wie es wird, kann ich noch nicht sagen, für Prie-view gab es keine Preview. Den Trailer aber mag ich sehr.

Netflix US & Canada

Samstag, 13. Mai: Eurovision Song Contest, ORF
Jedes Jahr Mitte Mai überkommen mich eigenartige Gefühle. Es hat nichts mit Hormonen und auch nichts mit Müttern zu tun, die geehrt werden wollen. Innerlich zerrissen fühle ich mich einmal im Jahr angesichts des bevorstehenden Song Contest. Nachdem ich erklärterweise zu jenen gehöre, bei denen schon die Vorstellung des Wettsingens innerlich chemische Prozesse auslöst, stellt sich spätestens am Tag des Ereignisses doch aufrichtiges Interesse ein, also richte ich mir die Couch zurecht und schalte ein. Und Jahr für Jahr passiert dasselbe: Zwanzig Minuten finde ich es lustig, weitere zehn Minuten erschrecke ich, danach bin ich empört und schließlich fassungslos. Nach 70 Minuten ist mir fad, nach 80 Minuten bin ich eingeschlafen. Wie es ausgeht, höre ich am nächsten Morgen in den Nachrichten. Es spricht nichts dagegen, dass es dieses Jahr auch wieder so sein wird. Lassen wir es geschehen.

cafusia

Sonntag, 14. Mai: Future Baby, 23.05 Uhr, ORF 2
"Wie weit wollen wir gehen?", fragt die Filmemacherin Maria Arlamovsky zum Thema Reproduktion. Die Reproduktionsmedizin erlebt einen Boom, der technisierte und ent-emotionalisierte Ablauf ändert nichts an der Tatsache, dass wir es hier mit menschlichen Lebewesen und Entscheidungen zu tun haben, mit Babys, die in lebenden Brutkästen "ausgetragen" werden, und dem Gefühl, dass hier – bei allem Verständnis für Eltern mit Kinderwunsch – etwas nicht stimmt. Ein Interessenkonflikt, den Arlamovsky mikroskopisch genau verfolgt und in seine Einzelteile zerlegt. Fertilisationstourismus ist längst schon Realität, pränatale Diagnostik wird so alltäglich wie Ultraschall, der Fortpflanzungsprozess wird ausgelagert, der Einsatz künstlicher Gebärmütter erforscht. Es klingt zwar abgeschmackt, aber wir werden uns noch wundern, was alles möglich ist.

Filmladen Filmverleih

Montag, 15. Mai: From Darkness, 23.35 Uhr, ZDF
Krimi der Woche: Die ehemalige Polizistin Claire (Anne-Marie Duff) hat keine Freude, als sie ihren Ex-Kollegen John (Johnny Harris) sieht. Das hat mit der gemeinsamen Vergangenheit zu tun, die beide einholt: Zwei Frauenleichen wurden im ehemaligen Rotlichtviertel von Manchester gefunden, just dort, wo vor Jahren schon einmal Frauen spurlos verschwanden. "Das hat nichts mehr mit mir zu tun", sagt Claire. Hat es aber doch. Der Titelsong stammt von Izzie Yardley.

BBC

Dienstag, 16. Mai: Hindafing, 20.15 Uhr, BR
Nach Braunschlag und Hengasch kommt Hindafing. Der Bürgermeister Zischl (Maximilian Brückner) dieses fiktiven Kaffs mitten in Bayern steht vor einem, laut eigener Aussage, "politischen Super-GAU" – 50 Flüchtlinge sind angesagt, wenn, ja, wenn er die halbmafiösen Strukturen bedient und sich sein schöngeistiges Biosupermarktzentrum abschminkt. Diverse bewusstseinserweiternde Substanzen helfen über den Verlust hinweg. Nach einem Drehbuch von Niklas Hoffmann, Rafael Parente und Boris Kunz, der auch Regie führt und für solche Textzeilen mitverantwortlich ist: "Da schau her, der Herr Goldhammer! Du wirst deinen Schweindln auch immer ähnlicher." Sauber.

Bayerischer Rundfunk

Donnerstag, 18. Mai: Chance, 20.15 Uhr, 13th Street
"The Good Doctor" heißt ein Serienprojekt, das der US-Sender ABC ins Auge fasst
und als Pilotfilm auf Reaktionen von Werbekunden bei den New York Upfronts testet. Darin hat ein autistischer Arzt und genialer Mediziner mit außergewöhnlichen Fällen zu tun, was sehr nach "Dr. House" klingt und die allgemeine Tendenz zur Mehrfachverwurstelung bestärkt. Gut, dass der "echte Doktor" schon weiter ist. Hugh Laurie hat den Dreitagebart abrasiert und das Fach gewechselt: Als psychiatrischer Gutachter befragt er in "Chance" von Hulu auf 13th Street Menschen mit psychischen Störungen, wie wir wissen, ein weites Feld. Zum Auftakt sehen wir Patienten, die an Gedächtnisverlust, Trauma, an den Folgen eines Unfalls und unter Verfolgungswahn leiden, dazu hübsche Aufnahmen aus dem schmucken und fantastisch nebelfreien San Francisco sowie ein beunruhigendes Abbild des lückenhaften Gesundheitssystems, das sich nach Trumpcare wohl kaum zum Guten verändern wird. Zehn Folgen.

Hulu

Donnerstag: Manipuliert, 23 Uhr, ZDF neo
Sascha Lobo ist Autor, Blogger, Interneterklärer
– und Experte des neuen Social Factuals auf ZDF neo. Lobo befasst sich mit Fragen, wie Internet, speziell soziale Medien, die Gesellschaft verändert. In unterschiedlichen Experimenten veranschaulicht er die Komplexität des Netzes und macht sie verständlich. Im Idealfall ist er der Dr. Lesch des Internets. Hinhören lohnt, der Mann mit dem markanten Haarschnitt hat für gewöhnlich etwas zu sagen.

Foto: APA / HansPutz

Mein Trailer der Woche: "Orange Is the New Black", obwohl ich ganz ehrlich nach Staffel zwei das Schauen eingestellt habe, weil sich fast alles um Posen und Pointen abspielte. Ich vermisse aber Red, der Trailer macht Lust auf mehr. Ab 9. Juni geh' ich dann also wieder in den Frauenknast.

Netflix

Frohes Schauen, wir sehen uns! (Doris Priesching, 11.5.2017)