Das Präsidium der Europäischen Volkspartei (EVP) hat am Samstag dem eigens vorgeladenen ungarischen Premier Viktor Orbán die Leviten gelesen. Wegen der drohenden Schließung der Central European University (CEU) in Budapest, aber auch wegen der Fragebogenaktion Stoppt Brüssel! soll bei dem Brüsseler Frühstück mit dem Parteifreund aus Ungarn heftig gestritten geworden sein. "Man sagte mir, ich möge mich benehmen", erklärte Orbán anschließend vor Journalisten. Seine Fidesz-Partei entsendet derzeit zwölf Abgeordnete in die EVP-Fraktion im Europaparlament.

Nach dem Treffen bemühte sich die EVP um Glättung der Wogen. Orbán habe zugesagt, alle Forderungen der Europäischen Kommission zu erfüllen, erklärte EVP-Präsident Joseph Daul.

Vertragsverletzungsverfahren kommt zu spät

Tatsächlich hatte die Brüsseler Kommission am vergangenen Mittwoch gegen Ungarn ein Vertragsverletzungsverfahren wegen des Vorgehens Orbáns gegen die CEU eingeleitet. Ein solches würde aber länger dauern und erst dann ein Ergebnis zeitigen, wenn die CEU schon längst ihre Tore geschlossen haben wird. Die EVP hat Orbán deshalb aufgefordert, das Hochschulgesetz innerhalb eines Monats so zu ändern, dass die von der Kommission beanstandeten Mängel daraus verschwinden.

Orbán ließ allerdings ein diesbezügliches Einlenken nicht erkennen. "Niemand kann Ungarn irgendwelche Bedingungen diktieren", gab er sich vor ungarischen Journalisten kämpferisch. Die CEU-Frage werde Budapest "in den kommenden Monaten" mit der Kommission diskutieren, fügte er hinzu. (Gregor Mayer aus Budapest, 1.5.2017)