Derzeit befindet sich die SPÖ in einer Art Zwangsehe mit der ÖVP. Man liebt sich nicht, ist sich nicht mal wahnsinnig sympathisch. Wegen eines Parteitagsbeschlusses – keine Koalition mit der FPÖ – gab es bisher aber trotzdem keine Alternative zu den Schwarzen.

Mit dem neuen Kriterienkatalog, der definieren soll, wann andere Parteien als Partner infrage kommen, wird sich das ändern. Auch wenn am Feinschliff noch gearbeitet wird, lässt sich schon jetzt sagen: Er wird so formuliert sein, dass jede rote Landes- und Gemeindeorganisation mit den Blauen koalieren kann, wenn sie das denn möchte. Burgenlands Landeshauptmann Hans Niessl muss sich dann nicht mehr von den Genossen in Wien vorhalten lassen, dass er gegen Beschlüsse des höchsten SPÖ-Gremiums verstoße. Sein Fremdgehen wird nachträglich legitimiert.

Wie sieht es mit Rot-Blau im Bund aus? Ginge man die Sache rein pragmatisch an, ließe sich wahrscheinlich schon ein Kompromiss finden. Eine auf restriktiven Ausländer- und Asylkurs getrimmte SPÖ, die unterschwellig auch mit EU-Kritik arbeitet, fände mit der FPÖ mindestens genauso viele Schnittmengen wie mit der ÖVP. In der Politik spielen aber Emotionen eine nicht zu unterschätzende Rolle. Und der Bauch sagt bei vielen Roten: Niemals mit Strache. Eine Koalition mit dem FPÖ-Chef würde einen Teil der Basis überfordern, eine Spaltung der SPÖ wäre programmiert. Das kann und wird Christian Kern nicht riskieren. (Günther Oswald, 26.4.2017)