Wien – Zwei 19-Jährige, die in der Nacht auf 17. Februar in einer S-Bahn-Garnitur in Wien-Brigittenau grundlos einen Obdachlosen malträtiert haben, haben sich am Mittwoch am Landesgericht für Strafsachen schuldig bekannt. Der eine handelte seiner Aussage zufolge aus Frust, der andere, weil er den 55-Jährigen als gefährlich einstufte.

Ein dritter Jugendlicher behauptete, er habe sich nicht aktiv an der Gewalt beteiligt und sei nur dabei gestanden. "Ich hab' gar nix gemacht. Ich hab' nicht hingeschlagen", erklärte der 18-Jährige. Diese Darstellung wurde vom Opfer, einem 55-Jährigen, der seit längerem auf der Straße lebt, und einem Augenzeugen gestützt.

Zwei Jahre Haft für Haupttäter

Die Burschen wurden bei einer Strafdrohung von bis zu zehn Jahren wegen absichtlicher schwerer Körperverletzung zu 24 und 21 Monaten teilbedingter Haft verurteilt.

Der Haupttäter bekam zwei Jahre, davon acht Monate unbedingt. Der Rest wurde ihm unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen. Eine offene bedingte Vorverurteilung – vier Monate wegen vierfacher Körperverletzung – wurde widerrufen, so dass der 19-Jährige insgesamt zwölf Monate verbüßen muss. Der zweite 19-Jährige bekam 21 Monate, davon sieben Monate unbedingt. Er wurde zusätzlich zur Prügel-Attacke auf den 55 Jahre alten Obdachlosen für eine Körperverletzung vor einer Diskothek in der Donaustadt schuldig gesprochen, wo er am 8. Jänner 2017 einem Burschen einen Oberkieferbruch sowie eine Fraktur der linken Augenhöhle zugefügt hatte.

Beiden 19-Jährigen erteilte der Schöffensenat unter dem Vorsitz von Martina Frank die Weisung, sich einem Antigewalt-Training zu unterziehen. Ein dritter zur Anklage gebrachter Bursch wurde wegen schwerer Körperverletzung zu zehn Monaten bedingt verurteilt. Bei ihm ging das Gericht davon aus, dass er dem Obdachlosen einen Faustschlag verpasst hatte. Das Opfer sowie ein Augenzeuge hatten – im Einklang mit der Verantwortung des 18-Jährigen – zwar erklärt, dieser hätte sich an den Gewalttätigkeiten nicht aktiv beteiligt, sondern wäre dabei gestanden. Der Senat folgte jedoch der Darstellung der Hauptangeklagten, die ihren Freund belastet hatten. Sämtliche Urteile sind nicht rechtskräftig.

Als Schwarzkappler ausgegeben

Die drei Verurteilten waren gegen 1.20 Uhr in der Station Traisengasse in die S-Bahn eingestiegen, nachdem sie sich untertags in einem Casino in Tschechien und später im Prater vergnügt hatten. Als sie den auf einer Sitzbank schlafenden Obdachlosen bemerkten, beschlossen sie, diesen zu foppen. Sie rüttelten ihn wach, gaben sich als Kontrolleure aus und verlangten seinen Fahrschein.

Der Mann reagierte ungehalten. "Ich hab' ihnen gesagt, sie sollen mich in Ruh' lassen", berichtete er dem Schöffensenat. Die zwei 19-Jährigen schlugen ihm daraufhin ins Gesicht und gegen den Kopf, bis er blutete. Er kassierte auch erste Tritte ins Gesicht. Ein anderer Fahrgast kam zu Hilfe: Er rief zunächst "Kinder, hört's auf!" und griff, als das nicht fruchtete, ein, indem er einen der Angreifer am Arm packte und wegzuziehen versuchte. Die 19-Jährigen schlugen allerdings weiter auf den Obdachlosen ein.

Geld füs Aufhören geboten

Um sie endlich zum Aufhören zu bringen, bot der Fahrgast dem Haupttäter, dessen eine Hand eingegipst war, schließlich sogar Geld an. Der 49-Jährige hielt ihm eine Handvoll Münzen hin. "Er hat mir zu verstehen gegeben, dass das zu wenig ist. Er hat 20 Euro verlangt. Die hab' ich nicht parat gehabt", schilderte der Mann als Zeuge dem Gericht.

Dass sich der Fahrgast eingemischt hatte, verschaffte dem Obdachlosen Gelegenheit, sich von seinem Platz zu erheben und Richtung Tür zu bewegen. "Wenn ich nicht aufgekommen wäre, wäre das sehr schlecht ausgegangen. Vermutlich tödlich. Die Tritte waren sehr wuchtig", gab der 55-Jährige zu Protokoll. Als die S-Bahn in der Station Handelskai anhielt, stieg der Mann aus. Der Haupttäter – beschäftigungslos, dafür wegen vierfacher Körperverletzung einschlägig vorbestraft – folgte ihm auf den Bahnsteig, brachte den bereits stark blutenden Bann zu Boden und versetzte ihm vier weitere wuchtige Tritte mitten ins Gesicht.

Der 55-Jährige erlitt einen offenen Nasenbeinbruch, Hämatome, Prellungen und eine Rissquetschwunde. "Er hatte wahnsinnig viel Glück, dass nicht weit mehr passiert ist", hielt Staatsanwältin Katharina Wehle fest. (APA, 26.4.2017)