Wien – Die geplante Delisting-Regelung im neuen Börsengesetz – das an die EU-Finanzmarktrichtlinie MiFID II angepasst werden muss – werde für die Anleger mehr Bürokratie und höhere Kosten bringen und die Finanzmarktaufsicht verstärkt beschäftigen, warnt der Interessenverband für Anleger (IVA).

"Als Ziel wird zwar Verbesserung des Anlegerschutzes und Steigerung der Attraktivität des österreichischen Börsenhandels angeführt, doch diese werden mit einigen der vorliegenden Bestimmungen eindeutig verfehlt bzw. ins Gegenteil verkehrt", kritisierte IVA-Präsident Wilhelm Rasinger am Montag.

Ständige Bedrohung

Einer der Hauptkritikpunkte: Künftig würde bereits eine Kapitalmehrheit von 50 Prozent plus eine Aktie genügen, um ein Delisting einzuleiten. Da die Mehrzahl der österreichischen Gesellschaften von einem starken Kernaktionär dominiert werde, gebe es die ständige Bedrohung eines Delistings, was zur Folge hätte, dass viele Fonds verkaufen müssten oder nur bei einem entsprechenden Abschlag für dieses Risiko österreichische Aktien kaufen würden, warnt der IVA und fordert, dass analog zum Gesellschafterausschluss für ein Delisting eine 90-Prozent-Mehrheit erforderlich sein soll. Für den Streubesitz sei die Handelbarkeit wertbestimmend.

Das verpflichtende "Delisting-Angebot" nach dem Übernahmegesetz mit vier Untergrenzen ist für den IVA akzeptabel. "Nicht akzeptabel hingegen ist, dass dieses Angebot bei einem EWR-Zweitlisting nicht erforderlich ist. Damit wird unverständlicherweise eine sehr einfache Umgehungsmöglichkeit geschaffen", warnen die Anlegerschützer.

"Praxisferne Experten, die mit dem Geschehen auf dem Kapitalmarkt wenig vertraut sind, haben die Konsequenzen einiger ihrer Vorschläge nicht zu Ende gedacht und erreichen statt Anlegerschutz und erhöhter Transparenz eher das Gegenteil bei höheren Kosten und Bürokratie, aber mehr Beschäftigung der FMA (Finanzmarktaufsicht, Anm.)", meint Rasinger. (APA, 24.4.2017)