Körper, Schatten, Bild – und die Frage, wie man der Endlichkeit entkommt: die Performance "I don't remember this body".

Foto: Galerie Jünger

Wien – Alles könnte so einfach sein, wenn es nicht immer wieder auf die harte Tour gelernt werden müsste: Jemand ist ein Körper, der erst auftritt, dann abgeht und dazwischen gelebt wird. Doch im Dazwischen wird ständig ein Hintertürl gesucht, um dem Abgang doch noch zu entrinnen. Einer dieser Notausgänge ist das Bild. Daran haben sich der Choreograf Georg Blaschke und der Künstler Jan Machacek in ihrer Performance I don't remember this body in der Wiener Galerie Jünger zu schaffen gemacht.

Zur glücklichen Irritation der Besucher hat Blaschke seine Arbeit mit der Ausstellung Ganz Farbe von Rudolf Goessl verbunden. Der 1929 geborene Künstler widmet sich der "analogen" Farbfeldmalerei – im Sinn des US-amerikanischen Color Field Painting kommt er Mark Rothko ziemlich nahe -, in der es keine Körperdarstellungen gibt. Jan Machacek dagegen produziert "virtuelle" Bilder, die nur im begrenzten Zeitraum ihrer Projektion sichtbar sind. Und Georg Blaschke liefert live seinen eigenen Körper an, von dessen Präsenz sich das Publikum während der Performance ein Bild machen kann.

Einbildung eines Notausgangs

Aus diesem Zusammentreffen wird, salopp gesagt, ein Bild von der Einbildung eines Notausgangs für den endlichen Körper. Während Blaschke durch seine Anwesenheit in unbiblischem Sinn ein "Ecce homo" zeigt, fährt ihm Machacek mit der Projektion ebendieses Körpers, wie er vorab gefilmt wurde, ins Gestell. Das projizierte Gespenst aus der Maschine drängt sich in die lebendige, scharf und laut atmende Präsenz des Tänzers und legt sich über Goessls Bilder, in denen der Abgang des Körpers bereits vollzogen ist.

Hier tanzen die virtuellen Bilder über die analogen, als ob diese wirklicher wären als jene, nur weil sie den Triumph ihres Aufblitzens, Dahinflimmerns und Simulierens ausspielen können. Der Körper des aus dem Apparat gespeisten Gespensts kann sich nicht erinnern – und er ist von dem, den er wiedergibt, vollständig getrennt. Das wird besonders gut nachvollziehbar, wenn Georg Blaschke ein – erstaunliches – Duett mit dem Wiedergänger tanzt, woraufhin sich letzterer hysterisch vervielfältigt wie einst der dubiose Mr. Smith in den Matrix-Filmen.

Die Trinität Blaschke, Machacek und Goessl macht sich nicht lustig über die Einbildung, das Abbild, der virtuelle Wiedergänger und die digitale Manipulation des Körpers wären ein Hintertürl ins ewige Leben. Sondern fegt sie in aller Härte und Souveränität vom Tisch. (Helmut Ploebst, 23.4.2017)