Herrenporträt, von Bartholomäus van der Helst 1647 gemalt.

Foto: Im Kinsky

Wien – Kommenden Mittwoch, 26. 4., gelangt bei "Im Kinsky" ein Gemälde zur Versteigerung, das derzeit über die Grenzen Österreichs hinaus für medialen Wirbel sorgt. Denn es handelt sich nachweislich um Raubkunst, wie das Auktionshaus ganz offen bekennt, das damit einen Präzedenzfall inszeniert.

Zur Vorgeschichte: 2015 hatte man aus heimischem Privatbesitz ein unsigniertes, aber zweifellos aus dem 17. Jahrhundert stammendes Porträt zur Verwertung übernommen. Recherchen der zuständigen Expertin förderten nicht nur den Künstler, sondern auch die problematische Herkunft zutage: Bartholomäus van der Helsts Bildnis eines spitzbärtigen älteren Mannes, das einst einem gewissen Adolphe Schloss gehörte.

Dessen Sammlung war 1943 in Frankreich von der Gestapo beschlagnahmt worden: 49 Werke wanderten in den Louvre, 292 gelangten über den "Sonderauftrag Linz" nach München und wurden im Führerbau eingelagert. Ende April 1945 kam es dort zu umfangreichen Plünderungen, allein aus dem Schloss-Bestand gelten bis heute mehr als 160 Gemälde als verschollen. Darunter war bis zum Frühjahr 2016 auch der van der Helst.

2003 war das Bild von einem Münchner Kunsthändler an einen österreichischen Kollegen verkauft worden. 2004 landete es schließlich in jenem Privatbesitz, aus dem im April 2016 hätte versteigert werden sollen. Seit Mai 2015 hatte "Im Kinsky" mit Antoine Comte, dem Rechtsanwalt der Schloss-Erben korrespondiert, um eine einvernehmliche Lösung im Sinne der Washingtoner Übereinkunft zu finden. Vergeblich.

Der Standard berichtete im Vorfeld der Auktion, internationale Medien ebenso. Über das französische Kulturministerium erwirkten die Erben eine vorläufige Sicherstellung, und das Bild gelangte nicht zur Auktion. Die Staatsanwaltschaft Wien ermittelte, wenige Monate später wurde das Verfahren eingestellt. Hinter den Kulissen liefen die Verhandlungen, allerdings zäh.

Der Vorschlag, den Ernst Ploil, Kinsky-Teilhaber und Rechtsanwalt, unterbreitete: "Teilung des Auktionserlöses, ein Drittel für die Erben nach Schloss, zwei Drittel für den Verkäufer des Bildes". Wochen vergingen. Nach mehrmaliger Urgenz antwortete der französische Kollege, er habe den Auftrag, "in dieser Sache nichts mehr zu unternehmen".

Damit war allerdings kein Verzicht gemeint, wie Comte auf Anfrage erklärt. Vielmehr sei man an keiner einvernehmlichen Lösung interessiert, sondern bestehe auf eine Rückgabe. "Das Gemälde ist in diversen Datenbanken, inklusive jener der Interpol, als gestohlenes Kulturgut registriert", betont Comte.

Damit sei aus seiner Sicht bei der Versteigerung nächste Woche ein gutgläubiger Eigentumserwerb für potenzielle Käufer sowieso vom Tisch. Eine Pattstellung, für die es keine Lösung zu geben scheint. (Olga Kronsteiner, 22.4.2017)