Erwin Pröll.

Foto: Screenshot/news.at

Die Textsorte "Interview mit Landeshauptmann Erwin Pröll" hat sich über viele Jahre hinweg in heimischen Medien vor allem kleineren Formats als Dauerbrenner erwiesen. Soll sie nun nach einem letzten Aufwallen, nicht zuletzt im ORF, vom Verdorren bedroht sein, nur weil ihr Heros die blau-gelbe Fackel an eine, despektierlich formuliert, Nachfolgerin weitergereicht hat? Nachfolgerin – der Begriff deutet die Möglichkeit an, es könnte im Land unter der Enns auf demselben oder zumindest ähnlichem Niveau genauso weitergehen wie bisher, eine Blasphemie, wie man sie kaum niederzuschreiben wagt. Und müssen wir wirklich das Schreckliche gewärtigen, es könnte künftig längere Phasen ohne ein Interview mit Erwin Pröll geben?

Eine solche Leere wäre nur schwer erträglich. Umso verdienstvoller sind Medien, die sich dagegen stemmen und noch einmal dem Licht Erwin-Pröll' scher Gedankentiefe entgegenstreben, ehe sich jene Verdunkelung über die Szene breitet, an der der ORF vorbereitend mitgewirkt hat.

"Profil" versuchte es diese Woche – praktisch letzte Gelegenheit – noch einmal realistisch, nämlich als Satire, "News" ging die Sache realsatirisch an. Noch einmal, aber hoffentlich nicht das letzte Mal, durfte sich der langjährige journalistische Wegbegleiter des scheidenden Landeshauptmannes demselben proskynetisch nähern und empfing von ihm die geschätzte 387. Wortspende, ein Vertrauensbeweis der besonderen Art, hat Hubert Wachter doch auch die Pröll-Biografie "Die Zukunft ist kein Geschenk" verfasst.

Journalistischer Wegbegleiter eines scheidenden Landeshauptmannes, noch dazu langjähriger, ist ein Amt, des Schweißes der edelsten Federn wert, in dem man seine Verantwortung kennt. Vor allem kommt es darauf an, die Bevölkerung vor dem Ungemach zu warnen, das zwangsläufig eintreten muss, wenn der Scheidende die Geschicke nicht mehr selber lenkt. Zum Beispiel im Verhältnis zwischen Bevölkerung und Politik durch die sozialen Medien, wo es gang und gäbe geworden ist, dass jeder, der schlecht träumt, wenige Stunden später dieses in ein Gerät hineinklopft und jeden Stumpfsinn, den er im Kopf hat, per Internet in die Welt hinausschickt. Nicht die Politiker sind schlechter geworden, aber dieses Verhalten führt zu einer zunehmenden Distanz des Einzelnen in seiner Beurteilung der Politik.

Pröll über Journalismus

Von da ist es nicht weit zu einem Journalismus, dessen Verschwörungscharakter aufzudecken eine der letzten Wohltaten gewesen sein könnte, die der Öffentlichkeit von Pröll zuteilwurde. Journalismus ist in einer funktionierenden Demokratie ein ganz wesentlicher und wichtiger Faktor. Vor allem kritischer Journalismus. Aber manches Mal habe ich den Eindruck, dass der eine oder andere gar nicht merkt, welche Verantwortung er da in der Demokratie hat. Ohne speziell auf die "Kronen Zeitung" einzugehen, wird klargestellt: Ganz extreme Ausformungen gibt es im gelenkten Journalismus. Denn dort gab es zu Pröll stets nur kritischen Journalismus.

Da ist es nie so, dass sich einige wenige zusammentun, um sich abzusprechen, wen machen wir morgen in welcher Art und Weise fertig, wie skandalisieren wir in der Demokratie. Niemandem liegt das Skandalisieren ferner als der "Krone", denn dort weiß man, das würde Pröll nicht gefallen, das ist eine ganz besondere Gefahr. Ganz anders liegen die Dinge im ORF, wo ein Skandalisierer in Gestalt von Armin Wolf wütet. Mit wem der sich wohl abgesprochen hat, wen machen wir morgen in welcher Art und Weise fertig, als am nächsten Tag rein zufällig Erwin Pröll im Studio auftauchte? Vielleicht mit dem "Falter", der sich in Sachen Pröll, ohne dass dieser den geringsten Anlass gestiftet hätte, den Ruf erworben hat, eine ganz extreme Ausformung im gelenkten Journalismus zu sein?

Aber das Volk ist – zur Überraschung des Landeshauptmannes – nicht immer dumm. Mich hat überrascht, dass offensichtlich die Beurteilungskraft der Bevölkerung, was einen bestimmten Journalismus anlangt, eine viel objektivere ist als in diversen journalistischen Gruppierungen. Könnte es sich dabei um dieselbe Bevölkerung handeln, für die es gang und gäbe geworden ist, dass jeder, der schlecht träumt, wenige Stunden später dieses in ein Gerät hineinklopft und jeden Stumpfsinn, den er im Kopf hat, per Internet in die Welt hinausschickt?

Da ist es doch besser, nicht darüber, sondern über die Angebote etlicher EU-Staaten nachzudenken, deren Honorarkonsul in Österreich zu werden. (Günter Traxler, 15.4.2017)