Eine Asylwerberin im Garten des Bärenwirts, der seit 2014 von der Ex-STANDARD-Journalistin Elisabeth Steiner betrieben wird.

Foto: Gerhard Maurer

Weitensfeld/Wien – Zweieinhalb Jahre ist es her, dass Elisabeth Steiner, langjährige Kärnten-Korrespondentin des STANDARD, im Haus, in dem sie aufgewachsen war, eine Flüchtlingspension eröffnete. Ihre verstorbenen Eltern hatten den Bärenwirt in der Gurktaler Gemeinde Weitensfeld in Kärnten als Gasthof geführt. Im Jahr 2014 zogen 20 Asylwerber ein.

Bürgermeister und Pfarrer unterstützten den Plan, Medienberichte und Integrationsprojekte begleiteten den Start. Viele Ortsbewohner halfen tatkräftig mit, andere hingegen reagierten ablehnend. Einzelne Flüchtlinge wurden sogar attackiert. Angriffe gab es auch auf den Bärenwirt: Einmal sei die Gasthaustür eingetreten worden, und Unbekannte hätten Nägel in die Reifen ihres Autos geschlagen, schildert Steiner.

Sich selbst verändert

Die Feindseligkeit einzelner Weitensfelder sei nicht geringer geworden, wie ein rezenter Zwischenfall zeige, bei dem sie sogar verletzt wurde. Verändert habe sich in den zwei Jahren vor allem eines: sie selbst.

Das habe viel mit den bestürzenden Erzählungen der Asylwerber über Fluchtgründe und -verläufe zu tun. Aber auch mit dem ablehnenden Verhalten mancher von ihnen. In einem neuen Buch schildert Steiner auch persönliche Enttäuschungen.

"Es war ein Hieb"

Etwa eine kollektive Beschwerde aller Flüchtlinge außer einem einzigen über angeblich schlechtes Essen und respektlose Behandlung, als der Landessozialbetreuer zu Besuch war: "Es war ein Hieb, der mich innerlich augenblicklich niederstreckte." Ähnliche Beschwerden habe sie früher als Journalistin dutzende Male selbst gehört. Nun habe sie verstanden, dass es sich bei derlei Klagen auch um Stellvertreterkonflikte handeln könne.

"Das Zusammenleben mit den Flüchtlingen hat mich nicht härter gemacht. Im Gegenteil, ich wurde offener, freier." Verändert hätten sich auch die Rahmenbedingungen – und zwar nicht zum Besseren, betont Steiner. So habe das Ende der "sogenannten 'Willkommenskultur'" und deren Ersetzen durch eine "Abschreckungsunkultur" zum Rückzug vieler Unterstützer geführt.

Junge Männer tauchen unter

Die verschärfte Praxis der Rückschiebung in andere EU-Staaten laut Dublin-Verordnung wiederum würde immer mehr Flüchtlinge zum Abtauchen bewegen. Bärenwirt-Bewohner, vor allem alleinstehende junge Männer, verschwänden von einem Tag auf den anderen.

Und dann sei da noch das Geldproblem. In Österreich kommen immer weniger Flüchtlinge an. Daher weise auch das Land den Quartieren seltener Menschen zu. Weil pro Kopf und Tag in Kärnten 19 Euro bezahlt werden, sei das ein "existenzielles Risiko". (Irene Brickner, 16.4.2017)