Die Linie 58 wird aus dem Wiener Stadtbild verschwinden.

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Anrainer tragen den Facebook-Protest gegen die Einstellung auch auf die Straße.

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Wien – Das Wiener Straßenbahnnetz wird ab 2. September nicht mehr aus 29, sondern nur mehr aus 28 Linien bestehen. Wie die Wiener Linien dem STANDARD bestätigten, wird die Linie 58 eingestellt, verlängerte Varianten der Linien 10 und 60 werden ihre Abschnitte übernehmen.

Die Linie 58 ist mit einer Strecke von 5,2 Kilometern die fünftkürzeste im Betrieb des Verkehrsunternehmens. Sie führt vom Westbahnhof über die Äußere Mariahilfer Straße, die Hadikgasse und die Hietzinger Hauptstraße zur Hummelgasse bei Unter-St.-Veit. Nur den westlichen Ast zwischen Dommayergasse und Hummelgasse mit seinen vier Stationen bedient der 58er exklusiv; um dieses Segment weiterhin abzudecken, wird in Zukunft die derzeit zwischen Dornbach und Hietzing verkehrende Linie 10 bis nach Unter-St.-Veit verlängert. Damit auch am Ostabschnitt der Strecke keine Fahrplanlücken entstehen, wird die Linie 60 ebenfalls erweitert; sie fährt ab der Umstellung im Herbst nicht mehr nur von Rodaun bis Hietzing, sondern weiter bis zum Westbahnhof.

Die Linie 60 wird dann mit einer Dimension von 11,3 statt 8,1 Kilometern zu den längsten Linien im Wiener Straßenbahnnetz gehören. Anrainer, die aus Protest bereits vor der offiziellen Bekanntmachung der Pläne eine Facebook-Seite gründeten, befürchten dadurch eine höhere Störungsanfälligkeit. Sie kritisieren zudem, dass es bald keine Direktverbindung mehr zwischen Unter-St.-Veit und dem Westbahnhof mehr geben wird und dass "es die Politik nicht wichtig findet, die Bürger und damit die Nutzer zu informieren", obwohl die Hietzinger Bezirksvorstehung schon seit Ende März von der Entscheidung wisse.

Bei den Wiener Linien könne man die Kritik nur bedingt nachvollziehen, sagt deren Sprecherin Johanna Griesmayr. Wer im Einzugsgebiet der Hummelgasse wohnt und regelmäßig bis zum Westbahnhof fährt, muss dann einen Umstieg in Kauf nehmen; dafür kommen aber alle Anrainer von Rodaun, Speising, Lainz und Mauer zum Westbahnhof, ohne die Tram wechseln zu müssen. Auch sonst bringe die lange diskutierte Umstellung fast nur Vorteile, sagt Griesmayr. Die Linie 60 werde auf ihrem neuen Abschnitt vor allem während der Morgenspitze in kürzeren Intervallen verkehren und durch den Einsatz längerer Züge mehr Passagiere befördern können, als es dem 58er bisher möglich ist.

Arbeiten zu Pfingsten

Weil im Rahmen der Neuorganisation auch eine Schleife bei der Kennedybrücke installiert wird, könne man entgegen den Befürchtungen sogar mit flexibleren Kurzführungen auf Störfälle reagieren. Bisher gab es für die Linie 60 nur in Speising und Mauer Umkehrmöglichkeiten. Durch den neuen Gleisbogen und eine neue Kreuzung wird die U-Bahn-Station Hietzing im Linksverkehr umrundbar sein; aussteigende Passagiere müssen dann auch keine Gleise mehr passieren, zudem gebe es dann mehr Platz für die ebenfalls an der Kennedybrücke haltenden Busse. Die Arbeiten sollen zu Pfingsten stattfinden, Einschränkungen im laufenden Betrieb soll es nicht geben.

Der "wohlverdiente Ruhestand" der Linie 58, wie die Wiener Linien die Einstellung einer der ältesten Straßenbahnlinien der Stadt bezeichnen, ist ein weiterer Schritt zur Beseitigung von Redundanzen im Netz. Erst vor wenigen Wochen wurde bekannt, dass die Linien 2 und 44 ihre Endhaltestellen tauschen werden, um die Parallelführungen der beiden Trassen mit den Linien 46 beziehungsweise 43 aufzuheben. (mcmt, 13.4.2017)