Weltmarktführer in einer Nische: Große Konkurrenten nannten Rubble Master einst ein Spielzeug. Mittlerweile verlassen jährlich hunderte Anlagen die Produktion in Oberösterreich.

Foto: Rubble Master

Wien – Eine Stunde genügt, um ein gesamtes Einfamilienhaus zu Granulat zu verarbeiten. 350 Tonnen Bauschutt zerkleinert Gerald Hanisch mit seinen Brechanlagen innerhalb von 60 Minuten und recycelt ihn an Ort und Stelle zu neuen Baustoffen. Als Mann fürs Grobe sieht sich der Österreicher dennoch nicht. Dafür seien die Projekte, die sein Betrieb Rubble Master weltweit abwickelt, zu komplex.

Lässt er mit den mächtigen Asphalt, Ziegel und Beton zerschlagenden Brechern Männerherzen höher schlagen? "In der Atacamawüste in Südamerika auf 5.000 Metern Höhe sicher", meint Hanisch. Dort dienten seine Maschinen der Minenindustrie. In New York kamen sie am Ground Zero in Manhattan zum Einsatz. Im kolumbianischen Dschungel sorgten sie für neue Straßen, entlang des Wiener Gürtels für die jüngsten Radwege.

Hanisch gilt in seiner Nische als Weltmarktführer. 230 Brech- und ebenso viele Siebanlagen verlassen heuer seine Fertigung in Linz und sollen für 72 Millionen Euro Umsatz sorgen, um gut zwölf Millionen mehr als im Vorjahr. Große Konkurrenten rümpften einst die Nase und taten die Maschinen als Spielzeug ab, sagt Hanisch. Mittlerweile wollte manch einer sein Unternehmen kaufen. "Aber ich hab' noch viel vor, der Markt bewegt sich in unsere Richtung."

"Ruiniert für sieben Leben"

An seine ersten Jahre als Unternehmer erinnert er sich dennoch nur mit viel Galgenhumor. "Rückblickend war es schrecklich, auch wenn ich das damals, beseelt von Pioniergeist, nicht so empfunden habe. Wäre es schiefgelaufen, wäre ich laut meinem Steuerberater wohl für sieben Leben ruiniert gewesen." Hanisch bereiste als Maschinenkonstrukteur die Welt, bevor er sich 1991 "mit einer Garagenfirma ohne Garage" selbstständig machte. Sein Plan war, Bauschutt direkt auf der Baustelle mit mobilen Anlagen aufzubereiten.

Dieser galt als Abfall, und Recycling steckte in den Kinderschuhen – Hanisch versuchte ihn als Werkstoff salonfähig zu machen, baute eigene Brechanlagen und suchte Geldgeber. "Aber gefragt war IT. Für Investoren waren Maschinen und Hardware nicht gerade sexy."

Der HTL-Absolvent steckte sein ganzes Vermögen, "das nicht gerade groß war", in die Idee. Förderstellen und eine Bank halfen aus. Es folgten Jahre hart am finanziellen Abgrund, herbe Rückschläge und ein Umfeld, das ihm endgültiges Scheitern prophezeite. Doch Hanisch bekam die Technik nach und nach in den Griff. Er gewann große Kunden in Deutschland, Dänemark und England. Und plötzlich drehte der Wind: Viele Länder machten die Entsorgung von Bauschutt kostenpflichtig, in der Folge rechnete sich für viele Baukonzerne effizientes Recyceln.

"Sportlicher Zugang"

Am rauen Umfeld für Gründer hat sich nach Ansicht des Industriellen aber bis heute wenig geändert. Im Gegenteil, Bankenfinanzierung sei im Zuge der Basel-Reglements noch schwieriger geworden. Und viele Jungunternehmer würden, kaum holten sie erste Mitarbeiter, schon von den Lohnnebenkosten und Auflagen erschlagen – von Geldverdienen sei oft noch gar keine Rede. "Da braucht es einen sehr sportlichen Zugang."

Hanisch, der sich neben schweren Maschinen auch zeitgenössischer Kunst widmet, exportiert 96 Prozent seiner Produktion. Diese wird ausgebaut, um Servicecenter und Schulungscampus erweitert. "Wir sind an der Kapazitätsgrenze." 150 Mitarbeiter zählt er, der Anteil an Frauen sei auch in den technischen Berufen hoch. Jährlich kommen 15 bis 20 Jobs hinzu.

Eine riesige Bedrohung für den Industriestandort Österreich sieht Hanisch, der selbst viele Lehrlinge ausbildet, in fehlenden Fachkräften. Er brauche mehr Schlosser, Elektriker, aber auch Leute für einfache Arbeiten. So viel sich sein Betrieb einfallen lasse, um neue Mitarbeiter anzuziehen, so schwer gestalte sich die Suche. "Wir wollen expandieren, aber das hemmt uns."

In dem öffentlichen Bild von Arbeit, das rund um die rasant fortschreitende Digitalisierung vermittelt werde, findet sich Hanisch nicht wieder. Von wegen rauchende Schlote – Jobs in der Industrie gehörten endlich neu interpretiert. "Wir brauchen nach wie vor Leute an der Drehbank, an der Maschine und in der Montage." (Verena Kainrath, 13.4.2017)